Metadata: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Menschen mehr, das sind wildgewordene Tiere. Ein Infanterist vom 
17. Korps, das überall feig floh, ohne zu kämpfen, brüstet sich, daß er 
einen verwundeten Deutschen durch Fußtritte getötet habe. Er wollte ihm 
seinen Mantel nehmen, den der andere festhielt. „Da er keine Kraft mehr 
hatte,“ erzählte er uns, „versetzte ich ihm 2 oder 3 Fußtritte.“ Es ist 
widerwärtig. Und dort ist ein anderer, der mit seinem Feindesmantel 
paradiert! Die Truppen des Südens sind hassenswert! Und welche 
Kopflosigkeit! In einem Augenblick behauptet einer, drei Ulanen ge- 
sehen zu haben. Sofort ergreift das ganze Biwak die Flucht, und dabei 
steht hier fast ein ganzes Armeekorps. Wirklich, wer nicht solche Tage 
miterlebt hat, kann sich keinen Begriff machen, bis zu welchem Punkte 
sich Menschen erniedrigen können. In aller Eile nimmt der Hauptmann 
seine Kompagnie zusammen und marschiert ab. Auf dem Marsche sehen 
wir wenigstens dieses Schauspiel nicht mehr. 
Nuhige Nacht. 
Sonntag, 30. August. Aufbruch bei einem dicken, kalten Nebel und 
ohne etwas gegessen zu haben! Wir sind zu sehr entmutigt, um an Essen 
zu denken. Und während der Nacht sehen wir auf allen Seiten Verräter- 
signale der Spione, die uns umgeben und alle unsere Bewegungen signali- 
sieren. Der Leutnant Cosson mit einer Patrouille entdeckt einen solchen 
in einem Hause. Der Spion trug französische Uniform! Im übrigen sagt 
man, und selbst seine eigenen Stabsoffiziere, daß Eydoux verrückt oder an 
Deutschland verkauft sein müsse, um uns so zu führen, wie er es tut. 
Montag, 31. August. Ich erwache und fühle mich total zerschlagen. 
Ich kann nicht mehr. Deshalb mache ich einen Teil der Tagemärsche im 
Wagen. Ich tue das zum erstenmal, denn ich gebe ungern ein schlechtes 
Beispiel; aber wahrhaftig, ich kann nicht mehr. 
Hier bricht das Tagebuch ab. 
Offenbar ist es dem Verfasser nie in den Sinn gekommen, daß seine 
Aufzeichnungen in Feindeshand fallen könnten. Er hätte sich sonst wohl 
gehütet, ein Dokument zu schaffen, das in seiner unverkennbaren Ehrlichkeit 
seltsam von allem absticht, was man sonst aus französischem Munde über 
die Zustände im Lager unserer Feinde zu hören gewohnt ist. 
Den angeführten Tatsachen irgend etwas hinzufügen, hieß nur, ihre 
Wirkung abschwächen. Sie sprechen für sich selbst. Hoffen wir deshalb, daß 
die unfreiwilligen Enthüllungen des Chronisten vom 6. Pionier-Regiment 
dazu beitragen werden, unsere Gegner vor aller Welt in ihrer wahren 
Gestalt zu zeigen. 
Japanisch-englische Niederlage vor Tlingtau. 
Rotterdam „6. Oktober. 
Beim ersten Sturm auf die Infanterie-Werke von Tsingtau wur- 
den die vereinigten Japaner und Engländer mit einem Verlust von 
2500 Mann zurückgeschlagen. Die Wirkung der deutschen Minen, Ge- 
schütze und Maschinengewehre war vernichtend. Der rechte Flügel der 
Verbündeten wurde von dem österreichisch-ungarischen Kreuzer „Kai- 
serin Elisabeth"“ und dem deutschen Kanonenboot „Jaguar“ wirksam 
beschossen. Die deutschen Verluste sollen gering sein. Die Japaner 
warten Verstärkung aus Japan ab.
	        
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