114 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen.
ethischen, statistischen, historischen, und ‘weisen daher wissen-
schaftlicher Untersuchung eine Fülle von Erscheinungen auf!).
Ihre praktische Bedeutung: für das Staatsleben zu erörtern,’ gehört
zu den Aufgaben der Politik. Eine vollendete Einsicht in ihr
Wesen ist aber nur möglich, wenn man sie auch als gesellschaft-
liche Bildungen begreift, die als solche nicht Gegenstand der
Staatslehre selbst sind. Schon äußerlich charakterisieren sie sich
als soziale Gebilde. Ihre Organisationen haben keinen staatlichen
Charakter, auch sind sie keine abgeschlossenen Gebilde, da Zu-
gehörigkeit zu einer Partei nicht von dem ausdrücklich erklärten
Beitritt zu einer Parteiorganısation abhängig gemacht werden
kann, ansonst die Parteien in ihrer Werbekraft gegenüber dem
Publikum bedeutend cingeschränkt werden würden. Zudem
äußert sich Parteigesinnung bei Wahlen, Sammlungen und an-
deren Anlässen in zahllosen Fällen ganz unabhängig von der Mit-
gliedschaft an Parteiverbänden. Auf der Möglichkeit, fortwährend
fluktuierende Elemente in sich aufzunehmen, ruht nicht zum ge-
ringsten Teil die Hoffnung der Parteien auf Sieg im politischen
Kampfe. In der staatlichen Ordnung aber hat der Begriff der
Parteien als solcher. keine Stelle: selbst wenn Parteien ein Ein-
(luß auf jene gewährt werden soll, können sie nur als ‚Majori-
täten und Minoritäten in Betracht kommen.
Die Aufgabe einer sozialwissenschaftlichen Behandlung der
Parteienlehre wird klar, wenn man erwägt, daß das tiefere
Wesen der großen, trotz der wechselnden momentanen Ziele und
Bezeichnungen im ganzen unverändert bleibenden Parteien oder
vielmehr Parteiengruppen überhaupt nur im Zusammenhang mit
dem ganzen Leben der Gesellschaft zu begreifen ist. Politische
Parteien sind ihrem Kern nach Gruppen, die, durch gemeinsame
auf bestimmte staatliche Ziele gerichtete Überzeugungen geeinigt,
dıese Ziele zu verwirklichen trachten. Überblickt man diese
Gruppen in ihrem Verhältnisse zur sozialen Vorherrschaft und
staatlichen Herrschaft, so findet man ehemals herrschende Grup-
pen, gegenwärtig herrschende Gruppen, Gruppen, die noch nicht
geherrscht haben. Nun ist es das natürliche Streben einer jeden
politischen Partei, zur Herrschaft zu gelangen oder sie zu be-
haupten. Die ehemals herrschenden, durch die Änderung der ge-
1) Das Parteileben, wie alles Leben, zeigt allerdings so viele wander-
liche, unberechenbare Elemente, daß vieles an ihm wissenschaftlicher
Behandlung vom höheren Standpunkt aus überhaupt‘ spottet.