Full text: Allgemeine Staatslehre

132 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates. 
wird (stato di Firenze usw.), ein ganz farbloser Terminus ge- 
schaffen, der auf jeden Staat, ob Monarchie oder Republik, ob 
groB oder klein, ob Stadt- oder Flächenstaat, anwendbar ist. 
Jakob Burckhardt meint, daß die Herrschenden und ihr Anr- 
hang zusammen lo stato hießen und dieser Name dann die Be- 
deutung des gesamten Daseins eines Territoriums usurpieren 
durftet). Wahrscheinlicher aber bedeutet cs, dem antiken Sinn 
von status entsprechend, die Verfassung, die Ordnung. Schon zu 
Beginn des 15. Jahrhunderts in diesem Sinne nachweisbar?), ist 
stato am Anfang des 16. Jahrhunderts bereits die allgemein an- 
erkannte Bezeichnung für jeden Staat. Mit dem Auftauchen der 
modernen Staatsıdee ist auch das entsprechende Wort gefunden. 
Das lehrt in augenfälliger Weise der Satz, mit welchem Machia- 
velli seinen Principe beginnt: Tutti gli stati, tutti i dominj che 
hanno avuto ed hanno imperio sopra gli uomini, sono stati e 
sono 6 repubbliche o principati?). 
Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts dringt sodann das 
Wort in die französische, englische und deutsche Sprache ein. 
In Frankreich hat noch Bodin (1576) die Bezeichnung repu- 
blique für den Staat, während estat ıhm eine bestimmte Staats- 
form heißt, daher er vom estat arıstocratique und estat populaire ®) 
spricht. Wenige Dezennien später wendet jedoch Loyseau®) 
estat bereits in demselben umfassenden Sinn an wie Machiavelli 
das entsprechende italienische Wort. In England wird state als 
  
!) Die Kultur der Renaissance in Italien 1860 S.2 Note. Nach 
Rümelin, Statistik, in Schönbergs HB. 4. Aufl. III 1898 S. 200 £f., 
hätte stato zuerst in Gesandtenberichten dazu gedient, die in jedem Ge- 
meinwesen festen und ständigen Gewalten und Ämter und dann die Herr- 
schaftsgebiete selbst zu bezeichnen. Zur Geschichte des Wortes stato, 
&tat, Staat vgl. nunmehr auch Nys L’Etat et la notion de l’Etat, Revue 
de droit international 1901 p. 420ff., und Ed.Loening a.a.0O. S.692f. 
2) Vereinzelt kommt status—-Staat schon in den Acta Arag. I, 395 
(Anfang des 14. Jahrhunderts) vor, welehen Nachweis ich Karl Hampe 
verdanke, ferner in England ebenfalls im 14. Jahrhundert: Ducange- 
Henschel Glossarıum mediae et infimae latinitatis s. v. status. 
6) Machiavelli darf daher mit vollem Recht als derjenige be- 
zeichnet werden, welcher das Wort ‚Staat‘ ın die wissenschaftliche 
Literatur eingeführt hat. 
4) Sıx livres de la r&publique Il ch. VI, VII. Doch wird bereits um 
diese Zeit in der amtlichen Sprache etat im Sinne von Staat gebraucht. 
Loening a.a.0. S. 69. 
5) Trait& des Seigneuries. Paris 1608 S. 25.
	        
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