Fünftes Kapitel. Der Name des Staates. 133
technische Bezeichnung des Staates bereits häufig von Shakespeare
gebraucht!). In Deutschland schwankt die Bedeutung von status
lange Zeit. Anfang des 17. Jahrhunderts ist zuerst vom status
reipublicae die Rede, der abgekürzt als der „ganze status‘ im
Gegensatz zum Hof-, Kriegs-, Kammerstaat den „gesamten Zu-
stand der allgemeinen Angelegenheiten des Landes‘ bezeichnet).
Späterhin wird auch wohl vom status publicus gesprochen. Lange
aber ist die Terminologie noch sehr unsicher, und es wird mit
demselben Wort der Hof oder die Kammer des Fürsten be-
zeichnet). Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts konsolidiert
sich, wohl unter dem Einflusse der staatswissenschaftlichen
Literatur, der Ausdruck in der Weise, daß er ohne Jeden Beisatz
das gesamte politische Gemeinwesen bezeichnet. Erst in den
letzten Dezennien des 18. Jahrhunderts ist dieser Prozeß be-
endigt, entsprechend der im allgemeinen Bewußtsein sich voll-
ziebenden Umwandlung der Territorien in Staaten. Noch aber
haftet dem Worte ‚Staat‘ ein Doppelsinn an, dessen Spuren sich
bis ın die Gegenwart verfolgen lassen. Staat heißt nämlich
auch Provinz oder Landschaft mit besonderer Verfassung®). In
diesem Sinne wird offiziell von den königlichen preußischen Staaten
gesprochen, als Ländern eines Fürsten, der zugleich König von
Preußen war. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden die
preußischen Gesetze in der „Gesetz-Sammlung für die König-
lichen Preußischen Staaten‘ verkündigt).
Ebenso aber ist in Österreich in dem Patent vom 11. August
1804, durch welches Franz Il. den Titel eines erblichen öster-
reichischen Kaisers annimmt, von dem ‚„unzertrennlichen Besitze
Unserer unabhängigen Königreiche und Staaten“ sowie von
„Unseren Königreichen und anderen Staaten“ die Rede, was in der
heutigen offiziellen Sprache nichts anderes als „Königreiche und
1) Vgl. die Zusammenstellung bei Al. Schmidt Shakespeare-Lexikon
2.ed. II 1886 p. 1118.
2) Stölzel Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechts-
verfassung I 1888 S. 19.
®) Schulze a.a.0. S.21ff.
#) Vgl. Adelung Versuch eines vollst. grammat.-krit. Wörterbuches
der hochdeutschen Mundart 1786 s.v. „Staat“.
5) Vgl. dazu H.Schulze Preußisches Staatsrecht 2. Aufl. I 1888
S.139 Note 2. Erst seit 1. Januar 1907 ist die Bezeichnung: „Preußische
Gesetzsammlung‘ anstelle der früheren getreten: Allerhöchster Erlaß v.
24. Nov. 1906; dazu Anschütz im Jahrb.d.ö.R.I 1907 S. 205£.