Full text: Allgemeine Staatslehre

134 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates. 
Länder“ bedeutet, wie klar aus der weiteren Bezeichnung der 
damals noch im Verbande des Deutschen Reiches stehenden 
deutschen Erblande als „Erb-Staaten“t) hervorgeht. Es ist der- 
selbe Sprachgebrauch wie in Preußen, der sich an dieser Stelle 
geltendmacht. Deshalb enthält auch die Stelle des Patentes, 
die vom „vereinigten Oesterreichischen Staaten-Körper‘ spricht, 
mit nichten die Anerkennung der österreichischen Länder als 
Staaten. Das lehrt auch die Abdikationsurkunde Franz’ II. vom 
6. August 1806, in welcher der Kaiser erklärt, daß er seine 
deutschen „Provinzen und Reichsländer‘“ ‚in ihrer Vereinigung 
mit dem ganzen österreichischen Staatskörper‘‘ fortan als Kaiser 
von Österreich regieren werde. Selbst in kleineren Staaten findet 
man in dieser Zeit denselben unklaren Sprachgebrauch. König 
Friedrich von Württemberg spricht gelegentlich der Schöpfung 
des Königreichs aus Alt- und Neuwürttemberg in seinem Organisa- 
tionsmanifest vom 18. März 1806 von seinen „zu einem Ganzen 
vereinigten alten und neuen Staaten“?). Noch 1820 sprechen 
die badischen Bevollmächtigten zu den Wiener Ministerialkonfe- 
renzen von den Staaten des Großherzogs von Baden). Irgend- 
welche staatsrechtliche Deduktion aus all diesen Bezeichnungen 
ist ganz unzulässig. Bezeichnend aber ist es namentlich, daß 
selbst die beiden deutschen Großmächte bis zur Auflösung des 
Reiches den scharf abgegrenzten Begriff des Staates in ıhrer 
offiziellen Terminologie nicht gekannt haben). 
Neben „Staat“ sind auch heute noch andere Bezeichnungen 
für das politische Gemeinwesen gebräuchlich. Der nach außen 
gewendete Staat heißt Macht, puissance, potenza, power, welche 
  
1) „....so ist solches.... dann von denjenigen Unserer Erb-Staaten 
zu verstehen, welche bisher mit dem Römisch-Deutschen Reiche in un- 
mittelbarem Verbande gestanden sind, und auch in Zukunft die nämlichen 
Verhältnisse mit demselben .... beibehalten sollen.“ 
2) Reyscher Sammlung der württ. Gesetze 11l S. 247. 
3) Aegidi Die Schlußakte der Wiener Ministerialkonferenzen S. 182. 
Vgl. auch die zwei Staatsverträge zwischen Österreich und Baden vom 
17. September 1808 (L. Neumann Recueil des traites II p. 282, 24). 
4) Für die Geschichte des deutschen Wortes „Staat“ im Verhältnis 
zu seinem romanischen Ursprung ist es interessant, daß einerseits die 
niederländischen Stände als Generalstaaten, also Staat -Stand, bezeichnet 
wurden, anderseits die Schweizer Kantone noch heute offiziell Stände 
(man spricht z.B. von dem Ständerat, den Standesstimmen) genannt 
werden, also Stand = Staat.
	        
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