Full text: Allgemeine Staatslehre

166 Zweites Buch. Allgemeine Soziallebre des Staates. 
stalt der sie versorgende Wille nicht aus ihr selbst. hervorgeht, 
sie vielmehr Gegenstand eines ihr von außen :.angebildeten 
Willens ist!). 
Jede derartige Theorie könnte als rechtliche ‘Erklärung des 
Staates nur dann befriedigen, wenn es gelänge, eine überstaat- 
liche Rechtsordnung nachzuweisen, von der der Herrscher sein 
Recht zur Herrschaft über das staatliche Objekt erhält. Eine 
solche überstaatliche Ordnung behauptete die Lehre vom gött- 
lichen Recht der Könige, nicht minder lag sie der patrimonialen 
Staatsiehre zugrunde, indem die Eigentumsordnung als vor- oder 
überstaatliche Ordnung aufgefaßt wurde, deren letzte Sanktion 
  
zu verfolgen. Welcher Art Rechte und Pflichten der Angehörigen von 
Anstaltsstaaten ım Vergleich mit denen der Körperschaftsstaaten sind, 
wie überhaupt die Mitgliedschaft am Anstaltsstaat zu denken ist, das 
sind noch gar nicht erörterte Fragen. Auf Grund unserer heutigen Er- 
kenntnis kann man wohl mit Gierke im Staate oder in seinen Teilen 
einzelne anstaltliche Elemente finden, nicht aber einen ganzen Staat der 
Kategorie der Anstalt unterordnen. — Neuester Vertreter einer Anstalts- 
theorie ist Otto Mayer (Die juristische Person und ihre Verwertbarkeit 
ım öff. Recht, Festgabe für Laband I 1908 S. 54£.). Freilich verwahrt sich 
Otto Mayer ausdrücklich gegen die Gleichsetzung seiner Lebre mit der 
hier bekämpften. Nach seiner Auffassung kann der Staat juristische 
Person deshalb nicht sein, weil der überstaatliche Rechtssatz fehle, der 
imstande wäre, den Staat dazu zu machen (a. a. 0. S.5Sf., 66). Immerhin 
nennt Otto Mayer den Staat eine „Überperson“ (a.a.0. S.63, 83) und 
bringt damit die Ursprünglichkeit dieses Wesens zum Ausdruck. Ur- 
sprünglichkeit wird aber der Person Staat auch nach der hier vorge- 
tragenen Lehre zugeschrieben (unten S. 180f., 364f£f.). Es besteht also in 
der Tat Übereinstimmung im wesentlichen Punkte. 
1) Rehm, der dem souveränen Staat ausnahmslos Körperschafts- 
charakter zuerkennt, will außerdem unter den nichtsouveränen Staaten 
auch noch Objekt- und Anstaltstaaten unterscheiden (Staatsliehre S. 161 ff.). 
Alleın die Einwände gegen die juristische Konstruktion, die solcher Staats- 
auffassung zugrunde liegt, richten sich vom Standpunkte unserer modernen 
Rechtsbegriffe gegen jeden Versuch, einen Staat unter Kategorien zu 
beugen, die, wie der Objektstaat, den Ergebnissen fortgeschrittener wissen- 
schaftlicher Erkenntnis widerstreiten oder, wie der Austaltstaat, unklar 
und nicht zu Ende gedacht sind. An Rehms Staatsdefinition (a.a.O. 
S. 38) gemessen, sind diese Objekt- und Anstaltstaaten eben etwas anderes 
als Staaten; einen höheren Begriff, der seine drei Staatsgattungen in sich 
widerspruchsios vereinigt, vermag er nicht aufzustellen. Wie aber die 
von ihm gegebenen Beispiele lehren, sind seine nicht körperschaftlichen 
Charakter besitzenden Staaten (Schutzgebiete, Elsaß-Lothringen, Pro- 
tektionsländer usw.) in Wahrheit Nichtstaaten. Dies gibt Rehm jetzt 
selbst zu: Kleine Staatslehre S. 18f., 48. Vgl. auch unten S. 493 N.3.
	        
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