174 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates.
als Rechtssubjekt zugrunde. Den letzten Erkenntniswert der
-universalistischen Theorien vermögen wir allerdings nicht an-
zugeben, weil die Zurückführung der sozialen Welt auf ihre letzten
Elemente ein niemals zu realisierendes Postulat unseres Intellekts
ist und das von ihm unabhängige objektive Wesen menschlicher
Dinge zu erkennen, unser Erkenntnisvermögen übersteigt.
Für die gesamte Staatswissenschaft ıst von hoher Bedeutung
das Ergebnis, daß der Gegensatz in den prinzipiellen An-
schauungen vom Staate zurückzuführen ist auf den Gegensatz
der beiden großen Weltanschauungen: der individualistisch-ato-
mistischen und der kollektivistisch-universalistischen.
II. Entwicklung des Staatsbegriffes.
Trotzdem auf dem Wege der Kritik bereits die wichtigsten
Resultate gewonnen sind, muß nunmehr nochmals positiv das
\Vesen des Staates allseitig und von Grund aus bestimmt werden!).
1. Der soziale Staatsbegriff.
Um den sozialen Staatsbegriff zu erkennen, muß zunächst
auf die letzten nachweisbaren Tatbestände des staatlichen Lebens
zurückgegangen werden.
Als letzte objektive Elemente des Staates ergeben sıch eine
Summe bestimmter in Tätigkeiten sich äußernder sozialer Be-
ziehungen zwischen Menschen oder, noch genauer gesprochen,
da der Begriff der Summe bereits eine Form subjektiver Synthese
bedeutet, ein Neben- und Nacheinander bestimmter, in Beziehungen
von Menschen zu Menschen sich äußernder Tätigkeiten. Er ist
somit nach keiner Richtung hin Substanz, sondern ausschließlich
Funktion. Die dieser Funktion zugrunde liegende Substanz sind
und bleiben die Menschen.
Diese Funktion ıst aber ausschließlich psvchischer Art, und
wenn sie auch physische Wirkungen hervorruft, so sind diese
doch stets psychisch vermittelt. Damit reiht sich die staatliche
Funktion den psychischen Massenerscheinungen ein.
Es bedarf geringer Überlegung, um einzusehen, daß es mit
allen anderen sozialen Erscheinungen dieselbe Bewandtnis hat.
Zunächst mit der Sprache, die außer dem gesprochenen und
geschriebenen Wort, das stets nur in irgendeiner menschlichen
1) Vgl. zum folgenden auch G. Jellinek System S. 28ff.