10 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen.
Forschung unterzieht. Ihre Resultate werden nicht durch ÜUnter-
suchung einer staatlichen Einzelindividualität, sondern vielmehr
der gesamten geschichtlich-sozialen Erscheinungsformen des Staates
gewonnen.
Die allgemeine Staatslehre wird ergänzt durch die be-
sondere Staatslehre. Für sie sind zwei Möglichkeiten der
Forschungsweise gegeben. Entweder beschäftigt sich die besondere
Staatslehre mit einer Vergleichung der einzelnen Institutionen der
Staaten überhaupt oder einer bestimmten Staatengruppe oder
noch enger einer bestimmten Staatengruppe innerhalb einer be-
grenzten Epoche, um typische Bilder dieser Institutionen zu ge-
winnen und zu erklären, oder dıe besondere Staatslehre ist einfach
Erkenntnis der Institutionen eines konkreten Staates, sei es in
ihrer gesamten geschichtlichen Ausgestaltung, sei es in ihrer
gegenwärtigen Form. Die besondere Staatslehre ist daher ent-
weder die Lehre von den besonderen Institutionen des Staates
überhaupt oder Lehre von den Institutionen des besonderen
Staates. Man kann die besondere Staatslehre in der ersten Be-
deutung als spezielle Staatslehre, in der zweiten als indi-
viduelle Staatslehre bezeichnen.
Volles Verständnis der Institutionen des Einzelstaates hat
sowohl die allgemeine Staatslehre als die von den besonderer.
Institutionen des Staates, die spezielle Staatslehre, zur Voraus-
setzung, da alles Einzelne von Grund aus nur aus dem all-
gemeinen Zusammenhang begriffen werden kann, in den es
hineingestellt ist. Individuelle Staatslehre kann daher erfolgreich
nur bearbeitet werden auf dem Boden der Resultate jener beiden
Grunddisziplinen.
Die Staatslehre hat den Staat nach allen Seiten seines Wesens
zu erforschen: Sie hat zwei Hauptgebiete, entsprechend den
bet G.Jellinek Ausgewählte Schriften und Reden II 1911 S. 153-—319.
Über verschiedene Definitionen der allgemeinen Staatslehre in der
neuesten Literatur vgl. Rehm Allgemeine Staatslehre 1899 S.1ff. Der
neueste Versuch umfassender Entwicklung ihres Begriffes bei G.v. Mayr
Begriff und Gliederung usw. $9 S.29 ff. Eine eingehende Kritik fremder
Ansichten auf diesem Gebiete halte ich für wenig ersprießBlich, einmal,
weil diese selten einer lichtbringenden systematischen Untersuchung ent-
springen, sodann, weil ausführliche gedeihliche Kritik methodologische
Erörterungen voraussetzt, die an dieser Stelle viel zu weit führen
würden. So mag denn hier die Entwicklung des eigenen Standpunktes
zugleich die Stelle der Prüfung abweichender Ansichten vertreten.