Full text: Allgemeine Staatslehre

592 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslelıre. 
Typus haben als die vermögensrechtlichen Beziehungen isolierter 
Individuen, so bilden sie doch nur eine besondere Klasse der 
Privatrechte. 
Die öffentlichen Verbände hingegen, deren Wesen an anderer 
Stelle darzulegen sein wird!), nehmen entweder kraft ihnen 
auferlegter Pflicht oder kraft verliehenen Rechtes an der staat- 
lichen Herrschaftsübung teil, daher ihr Recht im Staatsrechte 
seine Stellung findet, und zwar entweder im Staatsrecht im 
engeren Sinne oder im Verwaltungsrecht. Das Justizrecht hingegen 
hat sich nur insoweit mit ihnen zu beschäftigen, als es Be- 
rührungspunkte mit dem Verwaltungsrecht hat. 
Unter allen Verbänden nehmen aber eine besondere Stellung 
ein die Kirchen, namentlich die unabhängig vom Staate organi- 
sierte katholische Kirche. Vom Standpunkte des staatlichen 
Rechtes aus, dem einzigen, den die publizistische Wissenschaft 
heute einzunehmen vermag, hängt es ganz von der einzelnen 
Rechtsordnung ab, wie weit sie das kirchliche Recht durch 
Ausstattung der Kirche mit staatlicher Herrschermacht zu öffent- 
lichem Recht erheben will. Weigert sich der Staat, was bei dem 
System der Trennung des Staates von der Kirche der Fall ist, 
überhaupt, die Kirche über die privaten Verbände durch Ver- 
leihung von Imperium herauszuheben, so würde nach dieser 
konkreten Rechtsordnung das ganze innere Kirchenrecht dem 
Privatrecht und nur die Kontrolle des Staates über die kirch- 
lichen Vereine dem Staatsrechte zuzuweisen sein?). Anders stellt 
sich die Sache natürlich vom Standpunkte der Kirche dar, an 
  
1) Vgl. Besondere Staatslchre (Ausgewählte Schriften und Reden II 
1911) S. 310 ff. 
2) Vgl. auch Haenel Staatsrecht I S.165, dazu K. Rotbhen- 
bücher Die Trennung von Staat und Kirche 1908 S.447 N.1, und 
G.Jellınek Der Kampf des alten mit dem neuen Recht 1907 S. 12ff. 
(Ausg. Schr. u. Red. I 1911 S.398 ff). Die dem Mittelalter (ius utrumque) 
entsprungene, in der neueren Literatur auf Savignv, a.2.0.1 S.27£., 
zurückgehende Auffassung, die das Kirchenrecht als geistliches Recht 
dem gesamten weltlichen Recht koordiniert und entgegensetzt, ist unhalt- 
bar, weil sie das Wesen des Rechtes als einer äußeren, mit äußeren 
Mitieln wirkenden Ordnung verkennt. Es sind zwei gänzlich geschiedene, 
einander widersprechende Rechtsbegriffe, die dieser Koordinationslehre 
zugrunde liegen. Von einem geistlichen Recht, wenn man diesen 
Begriff in unserem juristischen Sinne versteht, gilt sicherlich der Satz 
Sohms (Kirchenrecht I 1892 S.1£f., 700), daß es einen Widerspruch 
mit denı Wesen der Kirche bedeutet.
	        
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