Dreizehntes Kapitel. Die rechtl. Stellung d. Elemente des Staates. 395
Staate eingegliederten Kommunalverbände haben kraft ıhrer aus
der Sphäre des Staates abgeleiteten Herrschermacht eine be-
schränkte Gebietsherrschaft, die sich gleich der des Staates negativ
und positiv äußert. Sie mangelt hingegen den Verbänden, die
zwar mit solcher Herrschaft begabt sind, sie aber nur über ihre
Mitglieder üben können, oder denen ausnahmsweise auch Herr-
schaft über Dritte, aber unabhängig von jeder territorialen Grund-
lage, zusteht.
Die Notwendigkeit eines abgegrenzten Gebietes für Dasein
des Staates ıst erst in neuester Zeit erkannt worden. Die antike
Staatslehre faßt den Staat als Bürgergemeinde auf, dessen Iden-
tität nicht notwendig mit deren Wohnsitz verknüpft ist. Keine
der uns aus dem Altertum überlieferten Staatsdefinitionen erwähnen
des Staatsgebietes. Unter dem Einfluß der Antike hat aber auch
die neuere Staatslehre zunächst nur das persönliche Element
des Staates in Betracht gezogen, daher auch keine Staatsdefinition
vom 16. bis ins 19. Jahrhundert hinein etwas von einem dem
Staate wesentlichen festen Gebiet weiß!). Erst Klüber hat,
so viel ich sehe, den Staat als eine bürgerliche Gesellschaft ‚‚ınit
einem bestimmten Landbezirk‘“ definiert).
Das Staatsgebiet hat zwiefache Eigenschaften, Es ist nämlich
einmal ein Moment des Staates als Subjektes®). Das folgt logisch
daraus, daß seßhafte Menschen seine Mitglieder sind; damit
wächst dem Staate selbst das Merkmal der Seßhaftigkeit zu. Das
folgt aber auch aus den realen sozialen Verhältnissen. Alle
staatliche Entwicklung und alle Tätigkeit des entwickelten Staates
kann nur auf Grund räumlicher Entfaltung stattfinden. Während
der evangelischen Landeskirchen behauptet, weil der evangelische Christ
auch wider seinen Willen der Landeskirche gleichen Bekenntnisses seines
Wohnsitzes zugehört, so verkennt er die dem Gebiet wesentliche Funktion
der Unterwerfung der auf ihm verweilenden Fremden unter die Gewalt
der Körperschaft... Nur durch Unterwerfung auch aller Anders-
gläubigen unter eine bestimmte Kirche ihres Aufenthaltsortes würde
diese zur Gebietskörperschaft. erhoben.
1) Noch Heffter, Das europ. Völkerrecht der Gegenwart, 8. Aufl.,
bearbeitet von Geffcken, S.61, hält den Fall der Übersiedlung eines
Staates von einem Territorium in ein anderes für möglich. Vgl. hierzu
auch Loening im HW.d.StW. S. 708.
2) Oeffentl. R. des teutschen Bundes 1. Aufl. 1817 81.
3) Zuerst eingehend begründet von Fricker, Vom Staatsgebiet
S.i6ff., vom Standpunkte organischer Staatsauffassung.