Dreizehntes Kapitel. Die rechtl. Stellung d. Elemente des Staates. 401
das öffentliche Eigentum als solches vom Privateigentum unter-
schieden und ihm entgegengesetzt, so ist damit, wie bei dem
domaine public des französischen Rechtes, nur ein Name für jenes
Sonderrecht geschaffen worden, dessen innere Qualität aber weder
durch materiell-rechtliche noch prozessuale Bestimmungen (z. B.
Unterstellung unter die Verwaltungsgerichtsbarkeit) bestimmt wird.
Aus dem Dargelegten ergibt sich, daß es keine von der
Herrschaft über Personen getrennte Gebietsherrschaft geben kann.
Vielmehr haben alle innerstaatlichen Herrschaftsakte notwendig
eine Beziehung zum Gebiete, da es die dingliche Grundlage der
gesamten Herrschaftsübung ist. Jeder Akt des Imperiums kann
nur auf dem eigenen Gebiete (oder auf fremdem Gebiete kraft
völkerrechtlich zulässiger Ausdehnung der eigenen Gewalt) zur
Vollziehung gelangen. Die sogenannte Gebietshoheit ist daher,
wie Gerber in klassischer Weise ausgeführt hat, keine selb-
ständige Funktion der Staatsgewalt. Vielmehr deckt sie sich
ihrer staatsrechtlichen Seite nach mit der ganzen auf dem Gebiete
geübten Staatsgewalt. Daraus folgt aber auch, daß das Gebiet
kein selbständiges Objekt der Staatsgewalt ist.
Das staatsrechtliche ‚Recht am Gebiete‘ ist daher nichts als
ein Reflex der Personenherrschaft. Es ist Reflexrecht, kein Recht
im subjektiven Sinne?).
Auch das Dasein unbewohnter Gebiete, auf das von den Ver-
tretern des Rechts am Gebiete hingewiesen zu werden pflegt?),
beweist keineswegs den sachenrechtlichen Charakter der Gebiets-
herrschaft. Das unbewohnte Gebiet ist stets möglicher Raum für
die Betätigung der Staatsgewalt, und solche Betätigung kann nur
auf gleiche Weise stattfinden wie auf bewohntem Lande°).
nicht nur Normen für die Bewirtschaftung der Privatforsten fest, sondern
auch Zwangsmaßregeln und Strafen gegen deren Übertretung, welche die
Unterstellung der ganzen Verwaltung unter Beförsterung auf die Dauer
von mindestens zehn Jahren zur Folge haben können.
1) Radnitzky, a.a.0. S.340, bezeichnet daher treffend das
Gebiet als die örtliche Kompetenz der Staatsgewalt.
2) Laband I S.192f.; Heilborn S.36; Zitelmann Int. Privat-
recht I S. 92.
°) Auch auf menschenleerem Raum muß sich die Herrschaft, um
rechtlich vorhanden zu sein, betätigen können. Solche Betätigung erfolgt
aber nach außen durch die Möglichkeit der Abwehr von Angriffen, nach
innen durch die Fähigkeit, Herrschaft über vorübergehend sich auf-
haltende Personen zu üben. Wenn ein Staat z.B. auf solchem Gebiete
G.Jellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 26