Full text: Allgemeine Staatslehre

Dreizehntes Kapitel. Die rechtl. Stellung d. Elemente des Staates. 403 
Abtretung ist ausschließlich Übertragung von Imperium: das 
Imperium eines Staates zieht sich zurück, das des anderen Staates 
dehnt sich aus. Daher wird durch Abtretung der eine Staat ver- 
kleinert, der andere vergrößert; die erste und nächste Wirkung 
der Abtretung ist eine Veränderung in den Staaten als Subjckten ?). 
Erst auf Grund dieser ‚seiner subjektiven Wandlung kann der 
neue Erwerber den neuen Gebietsteil als Basis seiner Herrschaft 
behandeln. Diese Objektsqualität des Gebietes ist daher immer 
erst sekundärer Natur, stets abgeleitet aus der primären Eigen- 
schaft des Gebietes als eines Elementes der Staatspersönlichkeit. 
Dasselbe gilt auch bei der völkerrechtlichen Okkupation. Was 
okkupiert wird, das ist das Imperium über einen bestimmten 
Raum mit der Wirkung der Ausdehnung der völkerrechtlichen 
Persönlichkeit nach außen und der Herrschermacht nach innen. 
Auch bei völliger Neubildung eines Staates nimmt nicht 
etwa die Staatsgewalt von dem Lande Besitz, sondern der Staat 
entsteht mit dem Dasein einer faktischen, sofort mit einem 
Gebiete ausgerüsteten Herrschergewalt. In dem Augenblicke, da 
sich das selbständige Belgien gebildet hatte, war auch das bisher 
den Niederlanden zugehörige Gebiet Bestandteil des neuen Staates 
geworden. 
Was vom Staate gilt, hat auch von den anderen Gebiets- 
körperschaften zu gelten, nämlich den Kommunalverbänden, die 
eine vom Staate abgeleitete, wenn auch zu rechtlicher Selb- 
ständigkeit erhobene Herrschaft über ihr Gebiet üben. Auch bei 
ihnen ist das Gebiet in erster Linie Element ihrer Persönlich- 
keit. Auch sie herrschen über Personen, über Sachen und daher 
auch über ihre Gemarkung nur indirekt, indem sie Personen 
befehlen können, Einwirkungen auf diese vorzunehmen, die sich 
aber stets durch privatrechtliche Mittel vollziehen. Der größte 
Teil der Kommunalverwaltung jedoch ist sozialer, nicht herrschaft- 
licher Art und kann sich daher überhaupt nur in den Rechts- 
formen vollziehen, welche die Rechtsordnung für jeden einzelnen 
Menschen und jeden nicht herrschenden Verband bereithält. Die 
Rechtsordnung kann diese Tätigkeit privilegieren, wie die des 
  
1) Änderung, nicht Untergang und Neuschöpfung, wie Fricker, 
Vom Staatsgebiet S. 27, behauptet, vgl. auch Heilborn System S. 10£f. 
Gebietsänderung ist (in der Regel nicht nur nach der materiellen, 
sondern auch nach der formal-juristischen Seite) Verfassungs-, nicht 
Staatsänderung. 
26”
	        
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