Full text: Allgemeine Staatslehre

404 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
Staates, ohne sie deshalb aber von gesellschaftlicher zu obrigkeit- 
licher Tat zu wandeln. 
Die Erkenntnis, daß das Verhältnis des Staates zum Gebiete 
personen-, nicht sachenrechtlichen Charakters ist, gehört zu den 
bedeutsamen Ergebnissen der modernen Staatsrechtslehre!). Die 
sachenrechtliche 'Auffassung des Gebietes führt selbst in ihren 
letzten Ausläufern zurück auf die Vermischung von Herrschaft 
und Eigentum?). Diese Vermischung von Dominium und Imperium 
kann aber geradezu als das am meisten charakteristische Merkmal 
der mittelalterlichen praktischen Staatsauffassung bezeichnet wer- 
den. Der naturrechtlichen Staatslehre hingegen war der Staat 
nichts als ein Personenverband; wie bereits bemerkt, wird ın 
keiner der bekannten Staatsdefinitionen von Bodin bis Kant des 
Gebietes Erwähnung getan. Wenn aber die rechtlichen Verhält- 
nisse des Gebietes gestreift werden, so wird auch von den Natur- 
rechtslehrern trotz der ihnen geläufigen Unterscheidung von Im- 
perium und Dominium?) entweder die feudalrechtliche Idee des 
Öbereigentums zur Erklärung herangezogen, oder es werden patri- 
monialstaatliche Gedanken geltend gemacht. Das positive Staats- 
recht in England und in Frankreich vor der Revolution kommt 
auch nicht über den Gedanken der königlichen Oberhoheit über 
allen Grund und Boden hinaus. In Deutschland bleibt die Theorie 
des Territorialstaatsrechtes bis zum Schlusse der Reichszeit ganz 
in der patrimonialen Lehre von dem dinglichen Charakter der 
Landeshoheit stecken. Aber auch die deutsche Staatsrechtslehre 
des 19. Jahrhunderts blieb lange noch unter der Nachwirkung 
der patrimonialstaatlichen Theorien. Unter den besonderen 
Hoheitsrechten, die neben oder in Verbindung mit den der 
französischen konstitutionellen Theorie entlehnten Staatsgewalten 
aufgezählt werden, findet auch die Gebietshoheit, das ius sublime 
in territorium, seine Stelle, aus dem nun die Berechtigung zu 
  
1) Sie wird im Anschluß an Fricker namentlich vertreten von 
G.Mever, StR. $74; Rosin, Öff. Genossenschaft S. 46 (jedoch nur für 
die staatsrechtliche Seite des Gebietes); Preuß, Gemeinde S. 262 ff.; 
ferner von Curtius, a.a.0. S.1ff.; Bansi, 2.2.0. S.668ff.; An- 
schütz, Enzyklopädie S. 453, u.a. 
2) Über die Geschichte des Begriffes der Gebietshoheit vgl. Preuß 
Gemeinde S.291ff.; Heimburger a.a.0. S.1lff.,;, Bansı a.a.0. 
S. 643 ff. 
3) Schon den Postglossatoren: bekannt; vgl. Hatschek Stellung 
des Fiskus S. 26,
	        
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