Dreizehntes Kapitel. Die rechtl. Stellung d. Elemente des Staates. 413
Andere Naturrechtslehrer behaupten zwar das Dasein eines
noch vom Staate nicht gänzlich aufgezehrten Urrechtes der
Freiheit!), doch ohne darauf eine umfassende Lchre von dem
subjektiven öffentlichen Rechte aufzubauen. Die hat sich viel-
mehr wiederum in England im Anschluß an die große religiöse
und politische Bewegung des 17. Jahrhunderts herausgebildet.
Unmittelbar nachdem die Bill of Rights Gesetz geworden war,
hat Locke aus der vom Wesen des Menschen unabtrennbaren
Freiheit unübersteigliche Schranken für die Staatsgewalt postu-
liert, die er als ausdrücklich zum Schutze von Leben, Freiheit,
Eigentum des einzelnen errichtet erklärt?). Sodann hat im fol-
genden Jahrhundert Blackstone in seinem berühmten und
einflußreichen Werke über das englische Recht jene bei Locke
noch in der Form objektiver Rechissätze3) erscheinenden Schran-
ken in absolute Rechte der englischen Untertanen verwandelt,
die aus Sätzen der Naturrechtslehre in Verbindung mit denen
der Bill of Rights gewonnen worden sind‘).
dem die Lehre von den Menschenrechten zuerst praktisch wird, von
Rousseau entschieden bekämpft wird. Weit davon entfernt, die
Glaubensfreiheit als absolutes Menschenrecht anzuerkennen, fordert er
eine religion civile, die nicht minder intolerant ist wie die herrschenden
Kirchen. ‚I y a donc une profession de foi purement civile dont il
appartient au souverain de fixer les articles, non pas pröcisöment comme
dogmes de religion, mais comme sentimens de sociabilit& sans lesquels
il est impossible d’&tre bon citoyen ni sujet fidele. Sans pouvoir obliger
personne ä les croire, il peut bannir de I’Etat quiconque ne les croit
pas..... Que si quelqu’un apres avoir reconnu publiquement ces mömes
dogmes, se conduit comme ne les croyant pas, qu’il soıt puni de mort;
li a commis le plus grand des crimes, ıl a menti devant les lois.“ Zu
diesen Dogmen zählt die Allmacht und Güte Gottes sowie die Unsterblich-
keit der Seele, Lohn und Strafe nach Verdienst. Contr. soc. IV 8. Vgl.
auch den Brief an Voltaire vom 18. August 1756, (Buvres X p. 132.
!) Unter den neueren Naturrechtslehrern am klarsten Wolff, Jus
nat. VIII $980. Vgl. auch Esmein p. 215ff.; Rehm Staatslehre S. 242 ff.
2) On Govern. II, XI 8 142.
3) Hiergegen wendet sich Redslob, Staatstheorien d. französ.
Nationalversammlung 1912 S.87 N.2, ohne, wie es scheint, die Aus-
führungen, Erkl. d. Menschen- u. Bürgerrechte S. 33, zu würdigen.
4) I1 p.109ff. Auf die Stellung, die Blackstone in der Ge-
schichte der Vorstellungen vom subjektiven öffentlichen Rechte ein-
nimmt, habe ich, mehrmals hingewiesen, System der subj. öff. Rechte
S.1£. und Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte S.33, 48f. Un-
richtig jedoch ist die auf kurze Notizen von Borgeaud und Foster