Full text: Allgemeine Staatslehre

414 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wirken nun in Amerika die 
naturrechtlichen Lehren in Verbindung mit den politischen und 
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gestützte Behauptung von Rehm, Staatslehre S. 2471., daß die Black- 
stoneschen Kommentare auf die amerikanische Deklaration von 1776 
einen bestimmenden Einfluß gehabt haben. Vielmehr war es die 1754 
erschienene anonyme Schrift Blackstones, An Analysis of the Laws 
of England, die indirekt auf die Formeln von 1776 gewirkt lat (Erkl. der 
Menschen- und Bürgerr. S.53). Unrichtig ist es ferner, was Rehm aus- 
führt, daß erst von Blackstone die Idee unentziehharer, aber gesetz- 
iich beschränkbarer Freiheitsrechte stamme. Wenn Blackstone schon in 
der Analyse erklärt, daß politische oder bürgerliche Freiheit die natürliche 
menschliche Freiheit sei „so far restrained bv human Laws as it is 
necessary for the Good of Society“ (l.c.), so hat er damit nur dasselbe 
wie Locke gesagt, auf den er sich (Commentaries I p. 126) in diesem 
Punkte ausdrücklich beruft: „for (as Locke has well observed) where 
is no law there is no freedom“ Übrigens ist die Lehre, daß Freiheit mit 
gesetzlicher Einschränkung verträglich sei, uralt und für den praktischen 
Gesetzgeber selbstverständlich: die Menschheit mußte doch nicht erst auf 
Locke und Blackstone warten, um solche Trivialıtät zu entdecken. 
Enthielt doch schon die Anerkennung der Glaubensfreiheit für Rhode- 
Island durch die berühmte Charte Karls Il. die Einschränkung, daß sıe 
nicht den Frieden stören und die Freiheit nicht mißbrauchen solle 
(vgl. Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte S.42 N.2). Überdies 
muß festgestellt werden, daß in der Erklärung von Virginien und den 
anderen Deklarationen von 1776 mit Einschluß der Unabhängieskeits- 
erklärung von Einschränkbarkeit der Grundrechte nicht die Rede ist, 
offenbar, weil man es für überflüssig hielt. Die spätere Erklärung von 
Massachusetts von 1780, auf die Rehm sich beruft, besagt auch nur, 
daß der Rechtsschutz „according to standing laws“ ausgeübt werden 
solle, also nicht willkürlich. Es ist dies einfach der alte aus der Magna 
Charta stammende Satz, daß jedermann nur „per legem terrae‘“ Minderung 
seiner Rechtsgüter erleiden solle. Die ganze angebliche, minimale und 
einem Nichtjuristen kaum verständliche Differenz, die Rehm zwischen 
den Vorstellungen der früheren Zeit und denen der Deklarationen kon- 
statieren will, ist daher überhaupt nicht vorhanden. Unrichtig ist ferner 
die Behauptung Rehms, daß nur in den Pflanzungsverträgen jede Ein- 
wirkung auf die Glaubensfreiheit ausgeschlossen sei, vielmehr sprechen 
die Verfassungsurkunden seit 1776 genau dieselbe Sprache. Die Glaubens- 
freiheit ist ferner bereits nach den ursprünglichen Ansichten der Ameri- 
kaner unveräußerlich und nicht, wie Rehm meint, etwa bloß durch 
Staatsvertrag festgesetzt. Das ergibt sich nicht nur aus der ganzen ge- 
schichtlichen Entwicklung der betreffenden Vorstellungen, sondern auch 
aus den gesetzgeberischen Dokumenten selbst. Gerade jene Fundamental 
Orders of Connecticut, die Rehm für seine Behauptung anzieht, er- 
klären, daß das neue Gemeinwesen gegründet werde „to mavntayne 
and preserve the liberty and purity of the gospell“, geben also das
	        
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