Full text: Allgemeine Staatslehre

Dreizehntes Kapitel. Die rechtl. Stellung d. Elemente des Staates. 427 
das andere zur Voraussetzung hat. Aus dieser Schwierigkeit 
und der ungenügenden Einsicht in ihr Dasein sind die größten 
Irrtümer in der Staaislehre entstanden. Namentlich hat isolierte 
Betrachtung des Volkes stets dazu geführt, es als außerhalb 
des Staates stehend anzusehen!), wodurch eine adäquate Er- 
kenntnis der wichtigsten staatlichen Verhältnisse zur Untnöglich- 
keit wird. 
Was vom Verhältnisse des Individuums zum Staate gilt, findet 
auch auf die Beziehungen des einzelnen zu den mit Imperium 
ausgestatteten Verbänden volle Anwendung. Alle Positionen der 
Persönlichkeit kehren auch bei den Mitgliedern dieser Verbände 
wieder. Nähere Darlegung dieser Beziehungen überschritte aber 
den Rahmen der allgemeinen Staatsrechtslehre. 
3. Die Staatsgewalt. 
Eine jede aus Menschen bestehende Zweckeinheit bedarf 
einer Leitung durch einen Willen. Dieser die gemeinsamen Zwecke 
des Verbandes versorgende Wille, der anordnet und die Voll- 
ziehung seiner Anordnungen leitet, stelit die Verbandsgewalt dar. 
Daher hat jeder noch so lose Verband, wofern er nur als eine 
von seinen Mitgliedern verschiedene Einheit erscheint, seine ihm 
eigentümliche Gewalt. 
Solcher Gewalten gibt es aber zwei Arten: herrschende und 
nicht. herrschende Gewalten. Worin liegt der Unterschied beider ??) 
Die einfache, nicht herrschende Verbandsgewalt ıst dadurch 
charakterisiert, daß sie zwar Vorschriften für die Verbands- 
mitglieder erlassen kann, aber nicht imstande ist, die Befolgung 
ihre Befehle aus eigener Macht, mit eigenen Mitteln zu erzwingen. 
Jedem nicht mit Herrschermacht ausgerüsteten Verbande kann 
sich jedes Mitglied jederzeit entziehen. Soll es im Verbande 
festgehalten werden, oder soll es trotz seines Austrittes aus 
dem Verbande, dessen Satzungen entsprechend, noch immer 
Pflichten gegen den Verband erfüllen, so ist hierzu die Ermächti- 
gung oder das Gebot einer über dem Verband stehenden herr- 
2) Daß diese Irrtümer noch heute nachwirken, beweist die Literatur 
der romanischen Völker, woran allerdings die terminologische Gleich- 
stellung der Begriffe Staat und Nation in ihren Sprachen nicht geringe 
Schuld trägt. 
2) Vgl. zum folgenden System S.215ff. u. „Staat u. Gemeinde" 
(Ausgew. Schr. u. R. ID S. 351ff.
	        
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