Full text: Allgemeine Staatslehre

462 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
des Beweises. Es ıst aber klar, daß in dieser Gleichstellung 
von Staatsfunktion und Souveränetätsrecht eine petitio principii 
liegt: aus der Tatsache, daß der Souverän ein Recht ausübt, 
wird geschlossen, daß es Staatsfunktion sei, während doch der 
Nachweis geliefert werden sollte, daß eine notwendige Funktion 
des Staates vorliege, die deshalb dein Souverän zustehen müsse). 
Überdies wird gar nicht untersucht, was denn gegebenenfalls aus 
eineiın Staate wird, dem eines oder mehrere Souveränetätsrechte 
entzogen sind, andere hingegen verbleiben. In ihrem Bestreben, 
den in sich einheitlichen Normalstaat zu konstruieren, vernach- 
lässigen die Gründer der Souveränetätslehre gerade jene Fälle, 
an denen erst empirisch die Lehre von der Begriffsnotwendigkeit 
der Souveränetät für den Staat zu erproben wäre. 
Daß der positive Inhalt der Souveränetät in sie auf die an- 
gegebene Weise hineingelegt wird, lehrt deutlich Bodin ın den 
näheren Ausführungen über die Souveränetätsrechte. Er führt 
acht „vrayes marques de Souverainete“ an: das Recht der Gesetz- 
gebung, das Recht über Krieg und Frieden, das Recht der Er- 
nennung der obersten Beamten, das der höchsten Gerichtsbarkeit, 
das Recht auf Treue und Gehorsam, das Begnadigungsrecht, das 
Münzrecht und endlich das Besteuerungsrecht. Das sind aber 
nichts anderes als die Rechte, welche (damals der König von 
Frankreich für sich in Anspruch nahm, wie denn auch in den 
näheren Ausführungen über diese Rechte vielfach französische 
Verhältnisse zum Vorbild gedient haben ?). Stehen den Subjizierten 
derartige Rechte zu, so sind sie in deren Hand nur ein prekärer 
Besitz, der von der souveränen Gewalt jederzeit an sich gezogen 
werden kann?). Hier ist der deutliche Punkt, wo der Souveränetäts- 
1) Jura maiestatis eiusmodi esse necesse est, ut summo quidem 
Principi tribui, magistratibus aut privatis non possint: aut si summis 
Principibus ac privatis communia sint, iura maiestatis esse desinant, I 10 
p. 234; iura maiestatis eiusmodi esse debere, ut summorum quidem Prin- 
cipum omnino propria sint, nec tamen cum subditis commania, I 10 p. 271. 
2) Wıe willkürlich und unsystematisch diese Aufzählung sei, ist bald 
erkannt worden. Schon Loyseau, a.a.0O. p.26, bemerkt, indem er die 
absolute Gewalt als einziges Kennzeichen der Souveränetät behauptet: 
les autres marques de souverainete rapportees par Bodin....sont 
plustost droits et dependances, que marques specifiques et certaines: 
et quiconque voudroit mirer et recognoistre la souverainet& par chacunes 
d’icelles, se mesprendroit souventes fois. Ferner Paurmeister, vgl. 
Hancke a.a.0. S.50. 
3% — quaeque nec concedi debeant, et concessa nullo temporum
	        
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