Vierzehntes Kapitel. Die Eigenschaften der Staatsgewall.e. 465
bildet, findet an dieser Theorie eine gewaltige Unterstützung.
Der so gestaltete staatsabsolutistische Souveränetätsbegriff ist da:
durch eine der großen geschichtlichen Tatsachen geworden, die
den modernen Staatsbegriff ausgewirkt haben. Die praktische
Überzeugung, daß der Staat der Inhaber der ganzen öffentlichen
Gewalt sei und daher im Staate alles Recht zur Ausübung öffent-
licher Funktionen nur von ıhm selbst ausgehen könne, ist auf
sie zurückzuführen.
Ist daher die Souveränetätslehre ihrer Entstehung nach eine,
staatliche Selbstbehauptung bezweckende, negative Theorie ge-
wesen, so wird sie durch Ausfüllung mit dem Inhalt der Staats-
gewalt positiv vorwärts dringend und die staatsrechtlichen Grund-
vorstellungen umbildend. Dabei geht sie aber in ihren klassischen
Vertretern von dem Gedankenbilde des zentralisierten Einheits-
staates aus, zu dem allein sie bei scharfer Durchbildung ihrer
naturrechtlichen Grundgedanken gelangen konnte. Wird alle
staatliche Macht durch den Grundvertrag der Staatsglieder ge-
schaffen, so ist für selbständige öffentliche Macht eines Verbandes
innerhalb des Staates schlechterdings kein Raum.
Die praktische Bedeutung dieser Seite der Souveränetäts-
lehre wird uns klar, wenn wir zum Schlusse dieses geschicht-
lichen Überblickes die Schicksale‘ und politischen Wirkungen
des Souveränetätsbegriffes seit dem Ende des 17. Jahrhunderts
in großen Zügen verfolgen.
5. Nachdem der Versuch, das Problem der Souveränetät
mit der Annahme einer doppelten Hoheit, der maiestas realis und
personalis, zu lösen, sowie auch die Andeutungen des Grotius nicht
zur Erkenntnis der Staatssouveränetät zu führen vermochten,
vielmehr in der so einflußreichen Lehre des Hobbes die fürst-
liche Souveränetät die des staatlichen Corpus völlig absorbierte,
wird in der Folge lange Zeit hindurch die persönliche Souveränetät
als die alleinige betrachtet, und auch sie ruht fernerhin im letzten
Grunde auf der Volkssouveränetät. Nicht nur der absolute
Herrscher des Hobbes, auch das mit despotischer Gewalt aus-
gerüstete Parlament Blackstones!) und endlich das mit un-
1) jt has sovereign and uncontrollable authority in the making,
confirming. enlarging, restraining, abrogating, repealing, reviving, and
expounding of laws, concerning matters of all possible denominations,
ecclesiastical or temporal,. civil, military, maritime, or ceriminal: this
being the place where that absolute despotic power, which must in
G. Jellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 30