468 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
Tendenz der französischen Gesetzgebung, die, im Pluviösegesetze
Bonapartes ihren schroffen Ausdruck findend, der neuen Monarchie
die Wege ebnet, hat unter energischer Mitwirkung des Gedankens
der begriffsnotwendigen Konzentrierung der souveränen Gewalt
in der Hand eines einzigen stattgefunden.
Von besonderer Bedeutung wird hierauf die Lehre von der
Fürstensouveränetät in dem Prozesse der Neugestaltung Deutsch-
lands nach Auflösung des alten Reiches. Eine Reihe deutscher
Fürsten, die nunmehr souverän geworden waren, sucht ihre neue
Stellung zunächst ganz im Sinne der alten Absolutisten zu deuten.
Die Aufhebung der in ihren Territorien bis dahin bestehenden
ständischen Verfassungen wird von ihnen als eine Konsequenz
des Souveränetätsbegriffes hingestellt: die Souveränetät habe ipso
iure alle ständischen Rechte beseitigt!). Zur Konzentrierung der
fürstlichen Gewalt stellt die Rheinbundsakte eine Liste der
Souveränetätsrechte auf, um den Umfang der Unterwerfung der
Mediatisierten zu bestimmen?). Und nun beginnt in Deutschland
die Lehre vom monarchischen Prinzipe in die offiziellen Vor-
stellungen einzuziehen. Im alten Reiche konnte von derartigem
nicht die Rede sein, denn weder der Kaiser noch die Landes-
herren konnten auf Grund des geltenden Rechtes behaupten, daß
sie die monarchische Machtfülle besäßen. Selbst bei den letzten
Reichspublizisten ist von Wendungen, welche von Unmöglichkeit
der Beschränkung der höchsten Reichsorgane oder gar der Landes-
hoheit sprechen, nichts zu finden). War es doch selbst zu Ende
1) So in Nassau (Triersche Lande), Württemberg, Baden (Breisgau),
Hessen-Darmstadi, Bayern (Altbayern und Tirol), Cleve-Berg. Die
gleichzeitige Staatsrechtslehre verteidigt dieses Vorgehen, wie K.S.
Zachariae, Jus publicum civitatum,; quae foederi Rhenano adscriptae
sunt 1807 p.28; Gönner, Archiv für die Gesetzgebung und Reform
des juristischen Studiums I (1808) S.1ff.,, und zwar durch Deduktion
aus dem Souveränetätsbegriff. Gönner hatte noch zu Reichszeiten in
seinem teutschen Staatsrecht (1804) S. 388 den Satz vertreten, daß der
Landesherr wesentliche Regierungsrechte an den Konsens der Landstände
nicht binden kann.. Über diese Literatur vgl. Mejer Einleitung S.68 N. 15,
S.137 N.12; G. Meyer StR. S. 103£.
2) Rheinbundsakte Art. 25.
3) Vgl. Pütter Beyträge I S.293ff., aber auch S.60; Gönner
Staatsrecht S.375; Leeist Lehrbuch des teutschen Staatsrechts 2. Aufl.
1805 S.70f. War doch die Möglichkeit einer Entsetzung von der Landes--
hoheit durch Reichsschluß bis zur Auflösung des Reiches anerkannt.
Die praktisch so bedeutsamen absolutistischen Strebungen der Landes-