Vierzehntes Kapitel. Die Eigenschaften der Staatsgewalt. 469
des Dreißigjährigen Krieges nicht gelungen, die superioritas
territorialis in einen suprematus zu verwandeln, und ist doch noch
später die darauf hinzielende Deduktion von Leibniz ohne
praktischen Erfolg geblieben. Nun aber hatte die Bewegung der
Befreiungskriege das Versprechen des Artikels XIII der deutschen
Bundesakte im Gefolge, und damit war der deutschen Verfassungs-
gesetzgebung die Aufgabe gesteckt, die zu schaffende konstitutio-
nelle Ordnung mit den Forderungen der Fürstensouveränetät in
Einklang zu bringen, die vor allen revolutionären Überflutungen
geschützt werden sollte.
Da wirkt von neuem eine französische Formel vorbildlich
auf die offiziellen staatsrechtlichen Formulierungen in Deutschland.
Zu Beginn der Restauration hatten die konservativen Kreise
Frankreichs in einem von popularen Strömungen unabhängigen
Königtum die beste Schutzmauer gegen künftige Versuche revolutio-
närer Anstürme zu finden geglaubt. Unter dem Einflusse alter
vom ancien regime überkommener Traditionen sowie der aus
England, das von der Revolution unberührt geblieben war, herüber-
wirkenden toryistischen Anschauungen wird von Beugnot der
Eingang zur Charte Ludwigs XVII. improvisiert!), in der mit
bewundernswerter Ignorierung des ganzen Zeitraumes von 1789
bis 1814 der Gedanke durchgeführt wird, daß der König, „apres
une longue abscence‘‘ dem Wunsche der Untertanen nachgebend,
dem Volke eine Verfassung aus freier königlicher Machtvollkommen-
heit verleihe, indem er zwar die alte Stellung des König-
tums wahre, wonach die ganze öffentliche Gewalt Frankreichs
in der Person des Königs ihren Sitz habe, an ihrer Ausübung
hoheit stützen sich theoretisch entweder auf die positivrechtlich unzu-
lässige Übertragung von Sätzen der naturrechtlichen Souveränetätslehre
auf die Landeshoheit oder auf privairechtlich-patrimoniale Konstruktionen.
Auch Preußen und Österreich konnten ihre Souveränetät nur außerhalb
des Reiches offiziell behaupten. Noch 1804 versichert Franz Il. bei der
Annahme des österreichischen Kaisertitels, daß in dem rechtlichen Ver-
hältnis seiner Erblande zum Reich eine Änderung nicht eintreten solle.
1) Über die interessante Entstehungsgeschichte der Einleitung zur
Charte vgl. Duvergier de Hauranne Histoire du gouvernement
parlementaire en France II 1857 p.175£f. und namentlich Beugnot
Memoires 1866 II p. 223ff. Die Bezeichnung „monarchisches Prinzip“
und sein Gegensatz zum demokratischen ist ebenfalls franZösischen
Ursprungs und entstammt den politischen Diskussionen des Jahres 1814,
vgl. z.B. Capefigue Histoire de la Restauration 1837 p. 96.