Full text: Allgemeine Staatslehre

412 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
das erstemal gewesen, daß Diplomaten Begriffsjurisprudenz trieben, 
als in den Wiener Ministerialkonferenzen von 1820 der Begriff 
des souveränen Fürsten und die Möglichkeit seiner konstitutio- 
nellen Beschränkung einer Legaldefinition unterzogen wurde. 
Unmittelbar darauf deduziert Metternich aus dem neu gewonnenen 
Prinzipe die Völkerrechtswidrigkeit der das legitime Königtum 
bedrohenden Verfassungen von Neapel, Sardinien und Spanien, 
und die Interventionspolitik der Kongresse von Troppau, Laibach 
und Verona sucht das monarchische Prinzip zu einer anerkannten 
Grundlage der europäischen Ordnung zu erheben, von den ge- 
ringen Ausnahmefällen abgerechnet, in denen der Wiener Kongreß 
kleinere republikanische Gemeinwesen altgeschichtlichen Cha- 
rakters: die Schweiz und die freien deutschen Städte, auch 
fernerhin anerkannt hattet). 
So ist denn die Wendung, welche die Lehre von der Fürsten- 
souveränetät in der Proklamierung des monarchischen Prinzipes 
nimmt, ebenfalls nur im Zusammenhang mit der Theorie von 
der Volkssouveränetät zu erklären. Allerdings aber nicht mehr 
wie früher auf dem Wege der Ableitung, sondern durch den 
Gegensatz zu dieser nunmehr als staatsfeindlich geächteten Lehre. 
In der praktischen Politik sollte das monarchische Prinzip der 
feste Punkt sein, von dem aus die Revolution definitiv überwunden 
werden könnte. 
In der Staatsrechtslehre hingegen ruft die offizielle Prokla- 
mierung des monarchischen Prinzipes die Lehre von dem eigenen 
Recht des Monarchen auf die Herrschaft hervor, das nicht aus 
der Verfassung des Staates heraus zu begreifen ist. Es sind alte 
naturrechtliche und patrimoniale?) Gedanken, die da in neuem 
  
souveränen Fürsten besteht, so muß dem hierdurch gegebenen 
Grundbegriff zufolge die gesamte Staatsgewalt in dem Oberhaupt 
des Staates vereinigt bleiben, und der Souverän kann durch eine land- 
ständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die 
Mitwirkung der Stände gebunden werden.“ 
I) Interessant ist namentlich die Zirkulardepesche der Ostmächte 
von Laibach, vom 12. Mai 1821, wo ausgeführt wird: „Les changements 
utiles ou necessaires dans la legislation et dans l’administration des 
Etats ne doivent &maner que de la volont£ libre, de l’impulsion re&flechie 
et Eclairee de ceux que Dieu a rendus responsables du pouvoir.“ Ab- 
gedruckt bei Ghillany Diplomatisches Handbuch II 1855 p. 438. 
?2) Letztere am schärfsten behauptet von Maurenbrecher, Die 
regierenden Fürsten und die Souveränetät 1839, der S. 167 ausführt,
	        
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