482 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
ränen Staatsmacht sind zwar möglich, zu rechtlichen können sie
aber nur durch deren eigenen Willen erhoben werden. Nach der
positiven Seite hin aber besteht die Souveränetät in der aus-
schließlichen Fähigkeit der Staatsgewalt, ihrem Herrscherwillen
einen allseitig bindenden Inhalt zu geben, nach allen Richtungen
hin die eigene Rechtsordnung zu bestimmen. Schrankenlos ist
die souveräne Gewalt nur in dem Sinne, daß keine andere Macht
sie rechtlich an der Änderung der eigenen Rechtsordnung ver-
hindern kann.
Souveräne Gewalt ist demnach nicht staatliche Allmacht.
Sie ist rechtliche Macht und daher durch das Recht gebunden.
Sie duldet allerdings keine absoluten rechtlichen Schranken.
Der Staat kann sich jeder selbstgesetzten Schranke entledigen,
aber nur in den Formen des Rechtes und neue Schranken 'schaf-
fend. Nicht die einzelne Schranke, sondern die Beschränkung
ist das Dauernde. So wenig aber der absolut beschränkte, so
wenig existiert rechtlich der absolut schrankenlose souveräne
Staat.
Dieses Merkmal der Souveränetät ist aber rein formal.
Es besagt nichts über den Inhalt der Schranken, die der Staat
sich selbst setzt, auch nichts über den Prozeß der Schranken-
ziehung selbst. Über ihn geben formal-juristische Vorstellungen
allein keinen Aufschluß. Seiner praktischen Bedeutung nach ist
dieses Merkmal ein juristischer Hilfsbegriff, der uns
das Verständnis der juristischen Tatsache vermittelt, daß alles
vom Staate in den rechtlichen Formen definitiv Gewollte Rechts-
kraft gewinnt. Keineswegs aber wird dadurch eine prinzipiell
unbeschränkte und unbeschränkbare Zuständigkeit der Staats-
gewalt festgesetzt. Das Recht bezeichnet immer nur die aktuelle
Zuständigkeit des Staates. Was der Staat auf dem Wege mög-
licher Zuständigkeitserweiterung gewinnen kann, liegt nicht in
seiner Rechtssphäre. Andernfalls käme man zur völligen Ver-
nichtung aller dem Staate eingegliederten Persönlichkeiten, denn
alle Staatsmacht kann nur auf Kosten der individuellen Freiheit
bestehen. Würde Souveränetät bedeuten, daß alle Möglichkeiten
der Kompetenzerweiterung zur aktuellen Sphäre des Staates ge-
hören, so wären wir alle Staatssklaven, die ein Stück Rechts-
fähigkeit als Prekarium von seiten des Staates genießen!). Das
N v.Seydel, Der Bundesstaatsbegriff in ‚Staatsrechtliche und
politische Abhandlungen“ 1893 S.8, sagt: „Wer Eigentümer ist, hat an