Full text: Allgemeine Staatslehre

Vierzehntes Kapitel. Die Eigenschaften der Staatsgewall.e. 503 
Das gilt für alle Personen, physische und juristische, souveräne 
und nichtsouveräne?). 
Die Vorstellung von der teilbaren Staatsgewalt geht aus von 
der Durchschnittskompetenz des heutigen Einheitsstaates. Weil 
im Bundesstaate diese Kompetenz an zwei Staaten verteilt ist, 
hat es auf den ersten Blick den Anschein, als ob die Staats- 
gewalt selbst zwischen ihnen verteilt sei. Hierbei wird jedoch 
der Fehler begangen, aus dem Dasein der Staatsgewalt auf den 
notwendigen Umfang ihrer Kompetenz zu schließen. Nun aber 
ist oben gezeigt worden, daß es ganz in das Ermessen der souve- 
ränen Staatsgewalt gestellt ist, wie weit sie sich betätigen wolle. 
Lange Zeit hindurch hat dem Staate die Unterrichtsverwaltung 
gemangelt; in England hat sie sogar erst in jüngster Zeit einen 
erheblichen Umfang gewonnen. Ein Staat ohne Unterrichtsver- 
waltung hat daher deshalb keine bloß fragmentarische Staats- 
gewalt. Das Deutsche Reich hat nur ganz ausnahmsweise diesen 
Verwaltungszweig zu eigen; er steht vielmehr fast ausschließlich 
den Gliedstaaten zu. Diese Unterrichtsverwaltung gehört nun 
nicht etwa ihrer Substanz nach einer einheitlichen, aus Reichs- 
und Gliedstaatsgewalt zusammengesetzten Gesamtstaatsgewalt, 
sondern, jene Ausnahme abgerechnet, nur der Gliedstaatsgewalt. 
Ebenso ist die Marineverwaltung nur Sache der Reichsgewalt, 
nicht etwa eines höheren, nur in Teilgewalten zur Erscheinung 
kommenden Ganzen. 
Zwischen 'Bundes- und Gliedstaat ist daher weder die Souve- 
ränetät noch die Staatsgewalt geteilt. Geteilt sind die Objekte, 
auf welche die Staatstätigkeit gerichtet ist, nicht die subjektive 
Tätigkeit, die sich auf diese Objekte bezieht. 
Auch der Gliedstaat hat demnach keine fragmentarische 
Staatsgewalt. Vielmehr sind die Objekte beschränkt, an denen 
sie sich bundesverfassungsmäßig betätigen kann. Fragmentarische 
Staatsgewalt wäre da vorhanden, wo die Herrscherfunktion sich 
nicht ganz zu betätigen vermöchte, wenn also z. B. einem 
Verbande das Recht der freien Gesetzgebung auf bestimmten 
Gebieten zukäme, die Regierung gemäß diesen Gesetzen jedoch 
nicht seinen Organen, sondern denen eines über ihn herrschenden 
Staates zustände. Gliedstaaten haben aber alle notwendigen Or- 
  
!) Vgl. auch die treffenden Kritiken dieser Lehre von Laband | 
S.81ff.; G.Meyer StR. S.45 N.6; Rehm Staatslehre S. 120ff.
	        
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