548 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
höchstem Organe des preußischen Staates, das Kaisertum ist ein
Annex der preußischen Krone. Daher ist die persönliche Eignung
für die deutsche Kaiserkrone nicht nach deutschem, sondern nach
preußischem Staatsrecht zu beurteilen. Der König von Bayern
ernennt die bayrischen Bundesratsmitglieder und führt durch sie
sechs Stimmen im Bundesrate kraft seiner königlichen Würde,
die ihn befähigt, die nach der Reichsverfassung Bayern als einem
Mitgliede des Reiches zukommenden Rechte auszuüben. Der
König von Bayern hat daher im Reiche die Stellung eines Reichs-
organs, weil er das oberste Organ des bayrischen Staates ist.
Eine weitere Einteilung ist die in selbständige und un-
selbständige Organet). Selbständige Organe sind solche, die
einen Willen äußern können, der unmittelbar verbindliche Kraft
für den Staat oder die ihm Unterworfenen besitzt, während dem
Willen unselbständiger Organe diese Kraft mangelt. Der Wille
unselbständiger Organe kann hingegen den Willen selbständiger
derart beschränken, daß Zustimmung des unselbständigen Organs
notwendig ist, um den Willensakt des selbständigen rechtlich er-
heblich zu machen, oder daß Willensakte des selbständigen
Organes der nachträglichen Genehmigung des unselbständigen be-
dürfen, wobei die Versagung der Genehmigung verschiedene
Rechtswirkung äußern kann. Diesen Typus besitzen, überwiegend:
wenigstens, die Kammern der deutschen Staaten sowie der deutsche
Reichstag.
Endlich ist noch zu erwähnen der Unterschied von nor-
malen und außerordentlichen Organen, d. h. solchen, die
nur ausnahmsweise in Tätigkeit treten. Dahin gehören die mit
der höchsten Gewalt während eines Interregnums betrauten Per-
sonen, die Regenten in den Monarchien, provisorische Leiter der
Regierung in Republiken. Sie sind entweder, wie unmittelbare
Organe in der Regel, verfassungsmäßig vorgesehen oder für den
einzelnen Fall kreiert, was allerdings stets einer Verfassungs-
änderung gleichkommt.
2. Das Wesen eines unmittelbaren Organs äußert sich rechtlich
darin, daß es niemals der Befehlsgewalt eines anderen Organes
desselben Verbandes unterstellt sein kann, daß es daher in Be-
ziehung auf den Inhalt seiner Funktionen ganz selbständig gestellt
ist. Daher ist der einfachste Typus des Staates derjenige, der
1) Vgl. Gesetz und Verordnung S. 207 ££.