Full text: Allgemeine Staatslehre

Sechzehntes Kapitel. Die Staatsorgane. 57 
neben dem Schweizervolke den Kantonsvölkern. Damit sind die 
Staaten und Kantone selbst höchste Organe der Bundesstaaten 
geworden, die in der Union neben, in der Schweiz neben oder 
im Zusammenwirken mit dem anderen höchsten Organe ihre ver- 
fassungsmäßigen Funktionen vollziehen. Gerade dieses Beispiel 
lehrt aber, mit welch beschränkter Zuständigkeit ein höchstes 
Staatsorgan ausgestattet sein kann. 
2. Die mittelbaren Staatsorgane. 
Mittelbare Staatsorgane sind solche, deren Organstellung nicht 
unmittelbar auf der Verfassung, sondern auf einem individuell an 
sie gerichteten Auftrag beruht. Sie sind stets einem unmittel- 
baren Organe direkt oder indirekt untergeordnet und verantwort- 
licht). Ihre Tätigkeit für den Verband ist stets eine abgeleitete?). 
Ihrem geschichtlichen Ursprunge nach sind sie Individuen, die 
ein unmittelbares Organ sich zur Erfüllung seiner Verbands- 
tätigkeit zugesellt?). Der Rechtsgrund ihrer Funktion ist ent- 
  
1) Daher ist Ernennung eines Organes durch ein anderes für sich 
allein kein notwendiges Zeichen dafür, daß der Ernannte dem Er- 
nennenden untergeordnet sei. Der Präsident der nordamerikanischen 
Union z.B. ernennt zwar die Richter mit Zustimmung des Senates, 
die aber von ihın ganz unabhängig sind, über die ihm keine wie immer 
geartete Disziplinargewalt zusteht. Ein Unionsrichter kann wegen Ver- 
letzung seiner Amtspflichten nur vom Kongreß mit der Staatsanklage 
belangt werden. Ebenso ist der Hamburger Bürgerausschuß der Bürger- 
schaft gegenüber selbständig trotz seiner Erwählung durch sie: K. Perels 
Studien zum Hamburgischen öffentlichen Recht 1912 S.19. 
2) Damit ist aber nicht auch der Inhalt ihrer Tätigkeit notwendig 
aus der Zuständigkeit eines höheren Organs abgeleitet. Es ist wieder 
die falsche Vorstellung eines Doppelträgers der Staatsgewalt, die dazu 
führt, notwendig auch die ganze Kompetenz der mittelbaren Organe 
als potentiell in der Zuständigkeit des höchsten Organes enthalten zu 
denken. Das Nähere hierüber im 20. Kapitel (S. 677 ££.). 
°) Preuß, Städt. Amtsrecht S.68, polemisiert gegen diesen Satz, 
indem er ihn auf die Gegenwart bezieht; allerdings hatte die erste 
Auflage dieses Werkes den Druckfehler „geschäftlich“ statt ‚‚geschicht- 
lich“. Wenn aber Preuß den Gegensatz von mittelbaren und unmittel- 
baren Organen nur auf die Art ihrer Bestellung beziehen will, so 
werden damit die rechtlichen Tatsachen der Unterordnung, Verantwort- 
lichkeit, Versetzbarkeit, kurz das \Werkzeugartige (6eyavov) der Beamten 
im Verhältnis zum Vorgesetzten, ohne welches-eine geordnete Verwaltung 
nıcht bestehen kann, einfach unerklärlich. Vollends eine Institution, wie 
das Heer, wird von solchem Standpunkt aus völlig unmöglich gemacht.
	        
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