Full text: Allgemeine Staatslehre

Siebzehntes Kapitel. 
Repräsentation und repräsentative Organe. 
1. Unter Repräsentation versteht man das Verhältnis einer 
Person zu einer oder mehreren anderen, kraft dessen der Wille 
der ersteren unmittelbar als Wille der letzteren angesehen wird, 
so daß beide rechtlich als eine Person zu betrachten sind. 
‚ Auf den ersten Blick scheint das Repräsentationsverhältnis 
mit dem Organverhältnis ganz zusammenzufallen. Häufig wird 
auch in der Sprache der Gesetze und der Wissenschaft bestimmten 
Organen die Befugnis der Repräsentation des Staates und 
anderer Körperschaften zugeschrieben, namentlich in deren Be- 
ziehungen nach außen. Allein im engeren Sinne wird unter Re- 
präsentation das Verhältnis eines Organes zu den Mitgliedern 
einer Körperschaft verstanden, demzufolge es innerhalb der 
Körperschaft den Willen dieser Mitglieder darstellt. Repräsentative 
Organe sind somit in diesem Sinne sekundäre Organe, Organe 
eines anderen, primären Organes. Dieses primäre Organ hat, 
soweit die Zuständigkeit des sekundären Organes reicht, an dessen 
Willen seinen eigenen Willen und keinen Willen außer diesem. 
Das primäre Organ hat nur so weit unmittelbare Willensäuße- 
rungen vorzunehmen, als sie ihm besonders vorbehalten sind. 
Der regelmäßige Fall dieses Vorbehalts bezieht sich auf die 
Bestellung der sekundären Organe durch Wahl. 
Dieser Gedanke der Repräsentation ist ein rein juristischer. 
Die ihm zugrunde liegenden realen Vorgänge werden vermittelst 
der hier zur Anwendung kommenden technischen Begriffe nach 
keiner Richtung hin in ihrer psychologischen und sozialen Eigen- 
art erkannt. Sie bilden nicht Erkenntnis-, sondern Beurteilungs- 
normen des Gegebenen zu bestimmten rechtlichen Zwecken. 
Deshalb ist auch das Repräsentativsystem heftigen Angriffen 
ausgesetzt, wird als Lüge und Schein bezeichnet, ein Vorwurf, der 
nur dann gerechtfertigt ist, wenn man den tiefgehenden ÜUnter- 
schied zwischen der Welt der juristischen Begriffe und den
	        
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