Siebzehntes Kapitel. Repräsentation und repräsentative Organe. 593
redet!). In der Stellung des Richters in der Monarchie ist daher
eine eigentümliche Kombination von mittelbarer und unmittelbarer
sekundärer Organeigenschaft vorhanden. Noch schärfer als bei
Berufsrichtern tritt diese letztere Eigenschaft bei Laienrichtern
hervor. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Laiengerichts-
barkeit (Gewerbe- und Kaufmannsgerichte, Schiedsgerichte der
Angestellten-, Spruchbehörden der Arbeiterversicherung), welche
die Auswahl der Richter dem Ermessen der Regierung entzieht,
wird es sogar immer schwieriger, die sekundäre Organqualität
juristisch festzustellen.
Auch staatliche Verwaltungsbehörden aber sind in neuerer
Zeit geschaffen worden, die der Befehlsgewalt vorgesetzter Behörden
ganz oder teilweise entrückt sind, so daß auch bei ihnen die
Ableitung ihrer Kompetenz aus der Machtfülle des höchsten
Organes nur mehr den Charakter einer Fiktion hat, und zwar
um so mehr, als sie nur zum geringen Teil vom Staatsoberhaupte
oder in dessen Auftrag besetzt werden. Die preußischen Pro-
vinzialräte, Bezirks- und Kreisausschüsse, die Bezirksräte in Baden,
die Kreis- und Bezirksausschüsse in Sachsen, das Reichsversiche-
rungsamt und andere mit staatlichem Imperium ausgerüstete Be-
hörden, in denen dem Ehrenbeamtentum ein größerer Spielraum
eingeräumt ist, sind in solchem Umfange von jeder übergeordneten
Dienstgewalt unabhängig, daß sie kaum mehr unter die her-
gebrachten Schablonen der Behörden als mittelbarer Organe zu
zwängen sind, ja es überhaupt fraglich ist, ob ihre Funktionen
als potentiell in der Zuständigkeit des Monarchen liegend gedacht
werden können. Die näheren Erörterungen sind den Aus-
führungen über die Selbstverwaltung vorbehalten.
6. Was im vorstehenden vom Staate gesagt wurde, gilt
auch von den öffentlich-rechtlichen Verbänden. Auch sie haben
repräsentative Organe, wofern nicht die Gesamtheit der Mit-
glieder, sondern ein von ihnen bestellter Ausschuß Entscheidungs-
gewalt hat. Das gilt aber nur für Beratung und Beschluß-
fassung, nicht für die Exekutive. Der eigentümliche Entwicklungs-
prozeß der modernen Demokratie hat das Verbandsrecht nicht
so weit ergriffen, daß die Vorstände öffentlich-rechtlicher Körper-
schaften, so vor allem der Gemeinden, erst durch das Medium
1) Blackstone I 7. Blackstone vergleicht die Richter auch mit
einem Spiegel, in welchem des Königs Bild erscheint.
G.Jellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 38