594 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
der Gesamtheit der Mitglieder als Korporationsorgane gelten.
Vielmehr fungieren hier die Gemeindeversammlungen und -ver-
tretungen einfach als Kreationsorgane, die der Körperschaft
durch den Wahlakt ein unmittelbares, primäres Organ schaffen.
Nur auf die gewählte Vertretung solcher Körperschaften ist der
Repräsentationsgedanke analog anzuwenden. Bürgermeister und
Stadträte z. B. sind daher primäre, Stadtverordnetenkollegien,
Gemeinderäte usw. sekundäre unmittelbare Organe der Ge.
meindet).
1) Die Frage nach dem Repräsentationsgedanken in der Organisation
der öffentlich-rechtlichen Verbände ist merkwürdigerweise in der Literatur
nirgends eingehend untersucht worden. In neueren Gemeindegesetzen
findet sieh der den entsprechenden Bestimmungen über die Kammer-
mitglieder nachgebildete Satz, daß die Mitglieder der Gemeindevertretungen
nicht an Instruktionen oder Aufträge der Wähler gebunden seien, so z.B.
Preuß. Städteordnung f.d.östl.Prov. vom 30. Mai 1853 $35, Landgemeinde-
ordnung f.d.östl. Prov. vom 3. Juli 1891 $ 102. Vorbildlich hierfür war
$ 110 der Stein’schen Städteordnung vom 19.11.1808, eine Nachahmung
dersfranzösischen Revolutionsgesetze über die Volksvertretung, die selbst
E.v. Meier zugibt: Französische Einflüsse auf die Staats- und Rechts.
entwicklung Preußens im 19. Jahrhundert II 1908 S. 315 ff.