Achtzehntes Kapitel.
Die Funktionen des Staates.
I. Geschichte der Funktionenlehre.
\Ver die Darstellungen der Theorien von den staatlichen
Tätigkeiten überblickt, der gewinnt leicht die Meinung, daß ab-
strakte Untersuchung des Staates zu der richtigen Erkenntnis
geführt habe. Schließlich seien durch wachsende Erkenntnis
die wesentlichen staatlichen Funktionen festgestellt worden. Die
Literaturgeschichte des Staatsrechtes weist eine verwirrende Fülle
von Einteilungsversuchen auf. Von bleibender Bedeutung ist aber
hauptsächlich nur jener geworden, der Gesetzgebung, Vollziehung
(Regierung, Verwaltung) und Rechtsprechung als Hauptrichtungen
der Staatsgewalt scheidet, bei aller Verschiedenheit der Auf-
fassungen über Wesen und Art des Zusammenhanges dieser
Funktionen in der neueren Literatur. Die anderen, ephemeren
Finteilungen scheinen demnach durch fortschreitende Einsicht in
das wahre Wesen des Staates, welche der allein zutreffenden
Ansicht den Sieg verschaffte, beseitigt worden zu sein.
Allein auch hier ergibt sorgfältige Untersuchung, daß, wie
bei allen ernsthaften politischen und staatsrechtlichen Theorien,
den verschiedenen wiıssenschaftlichen Charakter tragenden Ein-
teilungen stets die jeweilig gegebene geschichtliche Wirklichkeit
des Staatslebens zugrunde gelegen hat. Alle Scheidung der
staatlichen Funktionen, die von einsichtigen Schriftstellern jemals
vorgenommen wurde, hatte stets den konkreten Staat der be-
treffenden Epoche mit seinen eigentümlichen Einrichtungen im
Auge, um aus den an ihm wahrgenommenen Tätigkeiten eine
allgemeine Lehre zu abstrahieren. Der Weg, der hierbei von allen
eingeschlagen wurde, war folgender. Mehr oder minder klar
ging jeder Schriftsteller von dem Svstem von Staatsorganen oder
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