Achtzehntes Kapitel. Die Funktionen des Staates. 597
kämpfung der Arıstotelischen Lehre stellt Bodin!) statt ihrer
die Theorie von den Hoheits- oder Majestätsrechten auf, die er
der Reihe nach aufzählt, als Tatsachen, die weiterer Begründung
nicht bedürfen. Daß er hierbei die französischen Verhältnisse
seiner Zeit vor Augen hatte, ist an anderer Stelle bereits er-
wähnt worden. Ebenso, daß Hobbes die wesentlich der eng-
lischen Staatsordnüng entlehnten einzelnen Rechte des Herrschers
aus dem Staatszwecke abzuleiten strebt. In schärferer und syste-
matischerer Form versucht das hierauf in Deutschland Pufen-
dorf, der die „partes potentiales summi imperii‘ als logisch not-
wendiges Mittel zur Erreichung der staatlichen Zwecke aus der
Natur des Staates streng zu deduzieren unternimmt?). Aber
auch diese Einteilungen, weil sie eben nur scheinbar einen
rationalen Charakter tragen, haben etwas durchaus Willkürliches,
und es ist dem subjektiven Belieben ganz anheim gestellt, in
welche Abteilungen die Äußerungen der höchsten Gewalt zerfällt
werden sollen. Völlige Prinzipienlosigkeit jedoch tritt später in
der deutschen Literatur auf). Die verworrenen staatsrechtlichen
Verhältnisse im Reiche im Vereine mit dem patrimonialen
Charakter der Landeshoheit wirken auch auf die Auffassung der
Verhältnisse des absoluten Polizeistaates in der Richtung ein, daß
in ihm dem Landesherrn eine verwirrende Fülle der verschieden-
artigsten Hoheitsrechte zugelegt wird. In diesem Begriffe des
Hoheitsrechtes mischt sich der alte reichsrechtliche Begriff der
Regalien mit dem theoretischen der Majestätsrechte. Da durch-
schlagende Unterschiede in dem \Vesen dieser Hoheitsrechte nicht
gefunden werden können, so werden sie nach den Objekten ge-
schieden, woraus sich eine Unzahl von „Hoheiten‘ ergibt, von
der Kriegshoheit angefangen bis zur Jagd- und Wasserhoheit
herab. Diese Hoheiten werden sodann den unfruchtbarsten Ein-
teilungen unterworfen. Da gıbt es denn wesentliche und zufällige,
allgemeine und besondere, verleihbare und unverleihbare, ein-
1) ] 10 p. 232, 235.
2) VII 4, 2ff. Er unterscheidet als partes potentiales die potestas
legislatoria, poenas sumendi, iudiciaria, belli et pacis idemque foederum
feriendorum, ferner das ius magistratus constituendi und tributa indicendi,
endlich das examen doctrinarum. Auch Pufendorf hat bei seiner Ein-
teilung die realen Verhältnisse der damaligen Staaten, namentlich des
deutschen Territorialstaates seit dem Westfälischen Frieden, vor Augen.
3) Vgl. hierüber Dock Souveränetätsbesriff S. 62ff., mit zahlreichen
Iiterarischen Nachweisen.