Achtzehntes Kapitel. Die Funktionen des Staates. 601
zu den Behörden, sowie die romanistische Lehre von dem ursprüng-
lichen Gesetzgebungsrecht des Volkes, die zur Zeit emporblühender
Ständemacht der Staatslehre des Mittelalters die juristische Formel
für das Verhältnis von populus und rex darbieten. Von den
Vertretern der Volksrechte wird daher die Superiorität der Gesetze
über den König energisch betont. Den Gesetzen gegenüber nimmt
aber der Fürst die Stellung eines mit der Ausführung Beauftragten
ein. So scheidet mit voller Schärfe bereits Marsilius von Padua
zu Beginn des 14. Jahrhunderts Gesetzgebung und Vollziehung,
die dem Unterschied von Volk und Fürst parallel laufen!). Die
volksrechtlichen Theorien der Folgezeit bewegen sich in dem-
selben Gedankenkreise. So tritt bei den Monarchomachen der
König als minister, custos, exsecutor legum hervor?). Knüpfen
diese Schriftsteller an ständische Einrichtungen an, so ist es die
unter den Tudors bereits voll ausgebildete Parlamentsverfassung,
die unter der Elisabeth Hooker zuerst die Stellung des Gesetz-
gebers als die dem Könige übergeordnete auffassen läßt?). Zu
einer klaren Unterscheidung aber drängten die Verhältnisse in
der Zeit des Commonwealth, wo die Stellung des Protektors
und des Parlaments vermöge der völligen Umwälzung der Ver-
fassung, die nicht mehr auf den Überlieferungen des gemeinen
Rechts beruhte, ausdrücklich geregelt werden mußte, was in den
Formeln des Instrument of Government geschehen ist*). Ebenso
war aber nach der Revolution von 1688 die Stellung des Königs
gemäß den realen Machtverhältnissen sowohl als durch die feste
Umgrenzung bestimmter königlicher Befugnisse durch die Bill of
Rights eine andere geworden, als es die der nunmehr definitiv
vertriebenen Dvnastie der Stuarts gewesen war. Dem Tatbestand
1) Defensor pacis 1 12,13, ferner im 1ö. Jahrhundert Nicolaus
von Cues, De concordantia catholica, praef. I und Il14. Vgl. über beide
Rehm, Geschichte S.187f., der richtig hervorhebt, daß von ihnen der
Unterschied der Organe, nicht der der Funktionen zugrunde gelegt werde.
®2) Vgl. G. Jellinek Gesetz u. Verordnung S. 588.
%) The Laws of Ecclesiastical Polity I 10. Edition Morley, London
1888, p. 96 ff. Vgl. auch G. Jellinek Gesetz und Verordnung S. 48f.
#) ]. That the supreme legislative authority in the Commonwealth
of England....shall be and reside in one person, and the people
assembled ın Parliament....
Il. That the exercise ofthe chief magistracy and the administration
of the government....shall be in the Lord Protector..... Gardiner
Const. Docum. p. 405.