Full text: Allgemeine Staatslehre

Neunzehntes Kapitel. Die Gliederung des Staates. 659 
standenes Gesamtland, ein Land, das wiederum aus Ländern be- 
steht. Noch eigenartiger ist diese bundesstaatsähnliche Organi- 
sation durchgeführt in dem „Commonwealth of Australia“, wo 
die Bundesglieder sogar den Namen „State“ führen). 
Die Grundlage der staatlichen Organisation aber bietet das 
Land in Österreich dar; das in der offiziellen Sprache sich als 
Länderstaat, als den Staat der im Reichsrate vertretenen König- 
reiche und: Länder bezeichnet. Österreich ist aus dem durch 
die Person des Monarchen vermittelten Bund seiner Territorien 
hervorgewachsen. Durch die Verwaltungsreform Maria Theresias 
wurden die bis dahin im Rechtssinne selbständigen obersten Ge- 
walten der deutschen und böhmischen Erbländer miteinander zur 
Einheit verbunden, und diese Territorien blieben nunmehr nur 
als Länder übrig. Dieser Charakter ist ihnen aber auch in allen 
Wandlungen des österreichischen Verfassungslebens seit 1860 ge- 
wahrt geblieben, so daß Österreich auf Grund seiner staatsrecht- 
lichen Entwicklung als Länderstaat erscheint, eine Art des 
Föderalismus, die staatsrechtlich nur verständlich wird, wenn 
man die bisher unbekannte Form des Landes erforscht hat. 
5. Mit Rücksicht auf das Dasein oder Fehlen besonderer 
Landesorgane zerfallen die Länder in unorganisierte und 
organisierte. Die organisierten Länder weisen mehrere 
Stufen auf, gemäß dem Charakter ihrer Verfassung. Änderungen 
der Landesverfassung sind entweder jeder Teilnahme der Landes- 
parlamente entrückt, oder es ist diesen ein geringerer oder 
weiterer Anteil an jenen zugestanden, ja es kann sogar jede 
Verfassungsänderung von der Zustimmung der parlamentarischen 
Landesvertretung abhängig gemacht sein, wie in Kroatien und 
Finnland2). Länder können daher gegen Eingriffe der Gesetz- 
gebung des herrschenden Staates in ihre Kompetenz sogar viel 
stärker geschützt sein als Gliedstaaten im Bundesstaäte. 
Nach außen hin verschwindet aber stets die Eigenart der 
Staatselemente des Landes; es vermag keine wie immer geartete 
völkerrechtliche Existenz zu gewinnen; alle seine Elemente gelten 
  
1) Treffend hebt Moore, p. 65ff. (2. ed. p. 72£.), hervor, daß die Aus- 
drücke ‚Commonwealth‘ und ‚State‘ in der australischen Verfassung 
keineswegs in einem klaren wissenschaftlichen Sinne gebraucht sind. Aus- 
drücklich als „Provinzen“ bezeichnet werden die Teile der südafrika- 
nischen Union: South Africa Act 1909 sect. 6. 
2) Vgl. S.656 N.2. 
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