Zwanzigstes Kapitel. Die Staatsformen. 673
Objekt oder, wie.in der germanischen Auffassung, ein von ihm
getrenntes Subjekt, so daß sich, wie des öfteren erwähnt, König
und Königreich selbständig gegenüberstehen, ohne daß es gelänge,
sie zu einer rechtlichen Einheit zu vereinigen.
c) Der Monarch als Staatsglied und Staatsorgan.
In den auf Grund der beiden erörterten Typen gestalteten Staaten
konnte der Monarch nicht aus dem Wesen des Staates selbst be-
griffen werden. Der Monarch, wie immer im einzelnen sein Ver-
hältnıs zum Staate sich gestalten mochte, ist vom Staate getrennt,
der Staat ıst entweder ein dem Monarchen gegenüberstehendes
Objekt oder Subjekt. Aus dem Staate kann der Monarch nur be-
griffen werden, wenn der Staatsgedanke selbst in den Institutionen
ausgeprägt und von den Menschen erkannt wird. Das ist aber
weder unter der Herrschaft des ersten noch des zweiten Typus
der Fall: alle derartigen Bildungen, solange die ihnen zugrunde
liegenden Vorstellungen rein und unvermischt auftreten, bringen in
dem Bewußtsein der ihnen angehörenden Menschen nichts unserem
Staatsbegriff Entsprechendes hervor. Erst wenn der Staat als
innere, in sich ruhende Einheit begriffen wird, erscheint mit dem
Erfassen der Staatsvorstellung der Monarch als Glied des Staates.
So erscheint die wahre Monarchie im Gegensatze zur Tyrannis
der den Staat zuerst als Gemeinwesen betrachtenden antiken
Staatslehre. Im Mittelalter keimt diese Idee in den staatsrecht-
lichen Vorstellungen von den Amtsrechten des Königs, die ihm
unabhängig von seinem Obereigentum am Staatsgebiet zustehen,
sowie in der Lehre von der Stellung des Kaisers, die Legisten
und Kanonisten aus dem Charakter des Reiches als eines Personen-
verbandes unter Nachwirkung antiker Anschauungen zu erklären
bestrebt sind. Die absolutistische Richtung der neueren Staats-
lehre stellt die Theorie von der absorptiven Repräsentation des
Staates durch den Monarchen auf. Dadurch werden Staat und
Monarch zur Einheit zusammengeschlossen, indem die mit dem
Staate nach antikem Vorbilde identifizierte Volksgesamtheit in
die Person des Fürsten verlegt wird, der sie nunmehr als Re-
präsentant darstellt. Wenn für Hobbes der Staat der große
Leviathan ist, so ist der Monarch die Seele dieses großen Ge-
schöpfes, das ohne ihn eine tote Masse wäre. Bezeichnend ist
es, daß, wie die theokratische und patrimoniale, so auch die re-
präsentative Vorstellung vom Monarchen ihren Ausdruck durch
Ludwig XIV. gefunden hat, der sich derart unter allen möglichen
G.J ellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 43