Full text: Allgemeine Staatslehre

614 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
Gesichtspunkten als Herrscher betrachtet wissen wollte. So erklärt 
er: „Le roi represente la nation toute entiere, et chaque par- 
ticulier ne represente qu’un individu envers le roi. Par consequent, 
toute puissance, toute autorite resident dans la main du roi, et 
il ne peut y en avoir d’autres dans le royaume que celles qu’il 
y etablii La nation ne fait pas corps en France: elle reside 
toute entiere dans la personne du roi.‘“!) 
Der zweite Versuch einer Vereinigung von Monarch und 
Staat geht von der Lehre von der Volkssouveränetät und der Ge- 
waltenteilung aus, die den Monarchen als mit beschränkter 
Gewalt ausgerüstetes Organ des trotz der Gewaltübertragung noch 
immer rechtlich als primäres Subjekt der Staatsgewalt dastehenden 
Volkes auffaßt. Auch diese Anschauung ist von hervorragenden 
Herrschern vertreten worden, sie gehört zu dem Ideenkreise, in 
welchem sich die erleuchteten Männer des 18. Jahrhunderts be- 
wegten. So nennt Friedrich der Große den Souverän den obersten 
Diener der unter seiner Herrschaft stehenden Völker ?), und Kaiser 
Leopold II. schreibt als Großherzog von Toscana, wenige Wochen 
vor seiner Berufung auf den Thron der österreichischen Länder: 
„Je crois que le souverain, m&öme hereditaire, n’est qu’un delegue 
et employ& du peuple pour lequel il est fait, qu’il lui doit tous 
ses soins, peines, veilles... Enfin je crois que le souverain ne 
doit regner que par la loi, et que ses constituants sont le peuple, 
qui n’a jamais pu renonger ni ätre priv par aucune prescription 
ou consentement tacite et force, A un droit imprescriptible.‘‘®) 
  
1) Zitiert bei Rambaud, II, 6.ed, 1897 p.2. Vgl. auch Koser 
Staat und Gesellschaft zur Höhezeit des Absolutismus (Staat u. Gesell- 
schaft d. neueren Zeit, Kultur der Gegenwart) 1908 S. 234. 
2) „Il se trouve que le souvrain, bien loin d’ätre le maitre absolu 
des peuples, qui sont sous sa domination, n’en est lui-möme que le 
premier domestique.“ Antimachiavel ch. I. Wenn Friedrich der Große 
auch energisch den organischen und persönlichen Charakter des Staates 
und die Organstellung des Monarchen betont (vgl. Dock Souveränetäts- 
begriff S.143ff.; Rehm Staatslehre S.231ff.), so steht er, wie vor- 
stebender Ausspruch und das ganze erste Kapitel des Antimachiavel 
deutlich beweist, doch ebenfalls unter der Herrschaft der damals un- 
bestritten herrschenden Lehre, daß das Volk Schöpfer des Staates sei. 
Der andere, berühmtere Ausspruch: un prince est le premier serviteur 
et le premier magistrat de l’Etat (CEuvres I p.123), ruht doch im 
Grunde auf der Gleichstellung von peuple und Etat. 
3) A.Wolf Leopold II. und Marie Christine. Ihr Briefwechsel 
(1781—1792) 1867 S. 84 ff.
	        
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