Zweites Kapitel. Die Methodik der Staatslehre. 39
antike und moderne Demokratie, römisches Imperatoren- und
absolutes Königtum der neueren Zeit als Glieder ein und der-
selben Kette auffadt.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich aber ferner auch pro
futuro die Veränderlichkeit des Typus. Jede neue Bildung kann
ein bisher für.typisch erklärtes Element als individuell gefärbt,
also dem Typus nicht wesentlich, nachweisen. Ein diese Tat-
sache auf das treffendste illustrierendes Beispiel bietet die Ge-
schichte des Bundesstaatsbegriffes dar. Dieser mit der Schöpfung
der nordamerıikanischen Union entstandene neue Typus wurde
zunächst in der Theorie ausschließlich aus den Verhältnissen der
Vereinigten Staaten destilliert, also- das in einem Exemplar Vor-
handene wissenschaftlich für eine Gattung erklärt. Da hieß es
denn z. B., daß gegenseitige völlige Unabhängigkeit von Bundes-
und Gliedstaatsgewalt ein wesentliches Merkmal der neuen Form
der Staatenverbindungen sei. Der nicht ohne den Einfluß der
amerikanischen Verhältnisse gebildete Schweizer Bundesstaat seit
1848, noch mehr aber das Deutsche Reich, konnten nicht in die
bis dahin aufgestellte Schablone 'gepreßt werden, und somit war
die Wissenschaft vor die schwierige Aufgabe gestellt, den Typus
selbst anders zu gestalten, damit er auch neue, analoge Bildungen
in sich aufzunehmen imstande sei. Damit ist aber die frühere
Arbeit nicht vergebens gewesen; nur daß dasjenige, ‚was bisher
für eine Gattung gehalten wurde, zu einer Art innerhalb- der
Gattung herabsinkt.
Die Typen selbst sind somit in den Fluß des historischen
Geschehens gestellt; sie variieren nach den besonderen geschicht-
lichen Umständen, komplizieren sich, spalten sich in Arten und
Unterarten. Damit wird die Wissenschaft vor eine neue Aufgabe
gestellt, nämlich die Bahn zu bestimmen, in der sich Um- und
Ausbildung der einzelnen Typen bewegt. So entstehen für sie
sowohl Typen der neben- als der nacheinander existierenden
Staaten und staatlichen Institutionen. Die Staatslehre wird daher
Entwicklungstypen und Daseinstvpen der staatlichen
Erscheinungen zu suchen und zu finden haben.
Die derart erkannten Typen werden aber kraft der indivi-
dualisierenden Elemente der Einzelerscheinung nicht mit’ voller
Schärfe zum Ausdruck kömmen. Abweichungen nach verschiedenen
Richtungen werden stattfinden, wie das im \esen des empirischen
Typus liegt, da dieser eben gewonnen wird durch die Heraus-