Full text: Allgemeine Staatslehre

682 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
vornimmt, von niemand ersetzt werden. Inaktivität des Königs 
könnte sofort den ganzen Staat lähmen, und ein rechtliches Mittel 
zur Beseitigung einer solchen Störung, solange überhaupt die Re- 
gierungsfähigkeit des Königs dauert, ist nicht vorhanden. Jede 
Änderung eines solchen Zustandes könnte nur auf dem Wege 
einer Revolution erfolgen. Man hat die viele Schreibarbeit, die 
dem König auferlegt ist, in England lebhaft getadelt!). Ohne 
diese königlichen Unterschriften könnte aber der englische Staat 
nicht in Gang erhalten werden. 
Die gesetzliche Disposition über die gesamte Staatsgewalt ruht 
in England beim Parlament im alten Sinne, d. h. dem König 
und den beiden Häusern; die höchste rechtliche Gewalt hat aber 
trotz der andersgearteten realen Machtverteilung der König alleın, 
denn die beiden Häuser des Parlamentes können durch eigenen, 
vom Monarchen unabhängigen Willen, von ihrer inneren Ordnung 
abgesehen, auf dem Wege direkter Anordnung keine Änderung 
der Staatsordnung und der Ämterbesetzung vornehmen. Das 
Parlament alleın macht Gesetze, und doch kann es ihnen keine 
Gesetzeskraft verleihen; es wählt den Premierminister und durch 
diesen die übrigen Mitglieder des Kabinetts aus seiner Mitte, und 
doch kann es kein einziges Mitglied des Kabinetts selbständig 
ernennen. Es kann der Krone eine Forderung verweigern, ihre 
Räte dem Impeachement unterziehen, was beides überdies bei 
dem System parlamentarischer Regierung unpraktisch geworden 
ist; allein das sind wesentlich Handlungen mit negativem Erfolg, 
die keineswegs die ununterbrochene Fortdauer der staatlichen 
Funktionen bezwecken. So vermag denn der König mit dem 
Parlament alles, das Parlament ohne den König nichts, während 
der König ohne Parlament kraft seiner Prärogative die höchste 
Funktion ausübt, nämlich dafür sorgt, daß der Staat fortwährend 
ın Tätigkeit erhalten werde?). 
Der Monarch ist daher überall der Ausgangspunkt der 
staatlichen Funktionen, die deshalb alle mit ihm in dauernder 
Verbindung stehen, ohne darum notwendig von ihm abhängen zu 
müssen. Die Lehre von der Gewaltenteilung in der Montes- 
1) Bagehot S. gif. 
2) Die rechtliche Stellung des englischen Königtums ist im Sinne 
dieser Ausführungen in lapidarer Form dargelegt worden von einem 
Manne, in dessen Hand die ganze politische Macht dieser Institution 
gelegen hatte. Vgl. Gladstone Gleanings of Past Years, London 1879 
I p. 227, 245. 
 
	        
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