685 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
die, welche historisch-soziale Kategorien der Monarchie auf-
stellen, nicht sowohl Typen als vielmehr eine Reihe individueller
Einzelbilder?). In gedeihlicher Weise kann die Monarchie, wie
die Staatsformen überhaupt, nur nach rechtlichen Unterschieden
eingeteilt werden.
Im folgenden sollen aber nur die bekannten Bildungen höherer
Kulturstufen berücksichtigt werden. Bereits erwähnt wurde, daß
der monarchische Typus der Verbandsorganisation in die An-
fänge des staatlichen Lebens zurückreicht. Einer unentwickelten
Kultur gehört die Stammeshäuptlingsschaft, das Stammeskönigtum
an. Entweder herrscht da nur eine Gelegenheitsorganisation vor,
wie z.B. bei Kriegszügen, nach deren Beendigung wieder eine
genossenschaftliche Form des Horden- oder Stammeslebens ein-
tritt, oder der dauernde Häuptling hat keine scharf abgegrenzten
Kompetenzen, die bereits eine reiche Rechtsentwicklung voraus-
setzen. Die faktische Macht eines solchen Häuptlings kann sehr
gering sein, sich aber auch bis zu völliger Despotie steigern.
Sie mit den Rechtsbegriffen einer entwickelten Zivilisation zu
messen, wäre ein höchst unhistorisches Beginnen. Immerhin ist
ein Blick auf die Verhältnisse solcher Art lehrhaft, weil er die
Kenntnis möglicher Variationen eines auf höherer Kulturstufe in
mancher Hinsicht stationären Typus vermittelt.
So ist seit langem Lebenslänglichkeit der monarchischen
Würde eines ihrer wesentlichen Merkmale. Soweit die Erinnerung
der Kulturvölker zurückreicht, hat es keine Könige auf Zeit ge-
geben. Das ıst aber eine geschichtliche Tatsache, die bereits
der Regierungsgewalt an den wichtigsten Staatsakten mitbeteiligt sein
muß. Damit wären — von älteren aristokratischen Staaten ganz ab-
gesehen — z.B. das Frankreich der Konsulatsverfassung oder die
deutschen Hansestädte, wo dem Senatskollegium die ihm zustehende
Gewalt nur mit dessen Zustimmung 'geschmälert werden kann und wo
ohne seinen Willen kein Gesetz zustandekommt, unter den Begriff der
Monarcbie zu bringen. Oder wenn Seidler, Das juristische Kriterium
des Staates S.68, das Wesen des Monarchen darin findet, daß der
Monarch ein konstitutiver Faktor der staatlichen Verfassung ist, die
ohne ihn nicht besteht, der Präsident der Republik ein kraft der bereits
bestehenden Verfassung geschaffenes Organ, was weder für die Wahl-
monarchie, noch für eine Monarchie wie Belgien zutrifft, wo die Ver-
fassung früher da war als der Monarch.
I) Das ist der Fall bei Roscher, Politik, wo S. 250ff. innerhalb
des Typus der absoluten Monarchie drei Unterarten, die konfessionelle,
die höfische und die aufgeklärte Absolutmonarchie unterschieden werden.