Full text: Allgemeine Staatslehre

42 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen. 
Methoden, das rechtliche Wesen hingegen mit der juristischen 
Methode erkannt. Namentlich über . die historische Methode in 
der Staatslehre sind ‚hier orientierende Bemerkungen notwendig, 
denen sich einige über die juristische Behandlung der allgemeinen 
Staatsrechtslehre anzuschließen habent). 
5. Die historische Forschungsweise in der Staatslehre. 
Daß die geschichtliche Erforschung einer Institution die not- 
wendige Voraussetzung ihres wissenschaftlichen -Verständnisses 
sei, ist heute längst zum Geineinplatz geworden. ‚Zuerst war es 
die historische Schule Jer Rechtswissenschaft, die diesen Satz 
aufgestellt und befolgt hat, und an sie hat sıch die historische 
Schule der Nationalökonomie angeschlossen. Unübersehbar fast 
ist das geschichtliche Material geworden, das durch emsige Arbeit 
von Generationen angehäuft wurde. Trotzdem ist von Voll- 
ständigkeit des Materials auch nicht auf begrenzten Gebieten die 
Rede, und diese wird, auch niemals zu erreichen sein. Aber auch 
der vorhandene Stoff ist kaum mehr zu bewältigen; selbst die 
nur einem Einzelproblem zugewendete Forschung ist in Gefahr, 
von der Masse der geschichtlichen Vorarbeiten erdrückt zu werden. 
‚ Da erhebt sıch aber mit Notwendigkeit die kritische Frage, 
inwieweit Kenntnis der Vorgeschichte einer Institution das Ver- 
ständnis ihrer gegenwärtigen Gestaltung bedingt. Wenn die 
Antwort dahin ausfallen sollte, daß nur aus dem lückenlosen 
Wissen der Vergangenheit eine Erkenntnis der Gegenwart folgt, 
so wäre ein Tcsigniertes Ignorabimus der Weisheit letzter Schluß 
auf diesem Gebicte. 
Diese trostlose Resignation wäre aber mit nichten die richtige 
Antwort auf diese kritische Frage. Das Entstehen und die Fott- 
bildung der ‚historischen Forschungsweise hängt eng zusammen 
mit dem fortschreitenden Siege der evolutionistischen Denkweise 
in der gesamten Wissenschaft. Ausdrücklich oder unausgesprochen 
liegt aller geschichtlichen Denkungsart die Überzeugung zugrunde, 
daß die Geschichte uns nicht bloß eine Abfolge von Erscheinungen, 
sondern deren lebendige Ausgestaltung, ihr Wachsen und Ver- 
  
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ı) Mit den Darlegungen des Textes im wesentlichen übereinstim- 
mend Hatschek, Jahrbuch d. ö. R. III 1909 S. 61. Auch mit Richard 
Schmidt besteht nach dessen Ausführungen in der Ztschr. £. Politik I 
1905 S.28 Note 3 kein wesentlicher 'Streitpunkt mehr.
	        
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