Full text: Allgemeine Staatslehre

Zwanzigstes Kapitel. Die Staatsformen. 11 
Mannes Hand erscheint dem Volksbewußtsein sofort als derart 
typisch für die ganze Gestaltung des Staates, daß ihm alle 
anderen möglichen Staatsformen in ihrer Gesamtheit den Gegen- 
satz zur Monarchie bilden. 
Dieser Gegensatz ist aber auch heute noch von grundlegender 
Bedeutung für die Erkenntnis des Wesens der Republik. Auch 
heute noch kann sie definiert werden als Nicht-Monarchie, als 
Negation der Leitung des Staates durch eine physische Person. 
Die große Bedeutung dieses Gegensatzes wird klar, wenn man 
erwägt, daß in der Monarchie der höchste Wille, als einer 
individuell bestimmten Person zustehend, durch diese gleichsam 
körperlich dargestellt wird, während in allen nichtmonarchischen 
Staaten, mögen sie wie immer gestaltet sein, das Organ der 
höchsten Gewalt niemals mit dem sie bildenden physischen Einzel- 
willen zusammenfällt und daher auch niemals zur sichtbaren 
Erscheinung gelangen kann. Das ist politisch wie juristisch 
von der höchsten Bedeutung. Die höchste Staatsgewalt wird 
ın der Republik niemals durch einen bloßen psychologischen 
Prozeß gebildet; sie ist stets Wille eines kleineren oder größeren 
Kollegiums. Dieses Kollegium aber hat eine rein juristische 
Existenz, die von den einzelnen es bildenden Personen scharf 
unterschieden ıst. Sein Wille ist durch einen juristischen Prozeß, 
kraft einer verfassungsmäßigen Ordnung, aus den Willensakten 
verschiedener Individuen gewonnen. Daher ist die Republik in 
jeglicher Form dem naiven Denken viel schwerer verständlich 
als die Monarchie, in der die ganze Aktivität des Staates gleich- 
sam sinnlich wahrnehmbar ist. 
Die zunächst nur durch den Gegensatz gegen die Monarchie 
bestimmte Republik als einheitliche Kategorie zu erfassen, ist 
aber auch positiv gerechtfertigt. Denn unter formaljuristischem 
Gesichtspunkte lassen sich nur quantitative, aber keine quali- 
tativen Unterschiede innerhalb des Typus der Republik wahr- 
nehmen. Der Kreis der Personen, aus denen der herrschende Wille 
gebildet wird, kann größer oder kleiner sein, was nach der 
politischen und sozialen Seite hin von hoher Bedeutung ist, recht- 
lich aber keine der Republik selbständig gegenüberstehenden 
Kategorien zu schaffen vermag. Aristokratie, Oligarchie, Timo- 
kratie, Demokratie, und welche Staatsformen neben der Monarchie 
antike und moderne Staatswissenschaft sonst unterschieden haben 
mag, können vom streng logischen Standpunkte aus nur als
	        
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