Full text: Allgemeine Staatslehre

Zwanzigstes Kapitel. Die Staatsformen. 115 
Volke haben. Eine Mehrheit von primären Organen haben die 
demokratischen Bundesstaaten, die deshalb die größte Anzahl 
unmittelbarer Organe besitzen. So sind in den Vereinigten Staaten 
Volk und Staaten die primären, Kongreß, Präsident und Unions- 
gerichte die sekundären unmittelbaren Organe der Union. 
2. Nach der Art der unmittelbaren Organe sind folgende 
Formen der Republik geschichtlich hervorgetreten: 
a) Republiken mit korporativem Herrscher. Eine 
Korporation erwirbt die Herrschaft über ein Land oder einen 
bereits bestehenden Staat, ohne sich ihrer Korporationseigenschaft 
zu entkleiden. Derart war die Herrschaft des Deutschen Ordens 
in Preußen, die der ostindischen Kompanie in Indien, sowie 
anderer neuerer Handelsgesellschaften, ehe sie die Herrschaft ab- 
traten (Gründung des Kongostaates durch die Kongogesellschaft) 
oder .das Mutterland sie seinem Schutz unterstellte. Bis vor 
kurzem?) bot die Neu-Guinea-Kompanie das Beispiel eines der 
Oberhoheit des Deutschen Reiches unterworfenen Staates mit 
korporativem Herrscher dar. Das Charakteristische dieser unter 
den neueren Republiken praktisch am meisten der absoluten 
Monarchie sich annähernden Form besteht darin, daß ein Wille 
den Staat leitet, dessen Beruf nicht in der Tätigkeit für den 
Staat aufgeht, der also eine Doppelstellung:: im Staate und außer- 
halb des Staates hat?). Der Charakter des Staates als Gemein- 
wesens kann sich da nicht nach allen Richtungen hin rechtlich 
äußern; vielmehr erscheint der Staat in bestimmtem, von den 
konkreten Verhältnissen des Einzelfalles abhängendem Umfange, 
wie bei den älteren Typen der Monarchie, als eigentumsähnliches 
Objekt der Herrschertätigkeit, wenn auch, wie nicht anders 
möglıch, ın manchen Institutionen der körperschaftliche Charakter 
des Gemeinwesens ausgeprägt ist. 
b) Oligokratische Republiken, in denen eine geringe, 
verfassungsmäßig begrenzte Zahl von Personen den Herrscher- 
  
1) Vgl. kaiserl. Verordn. vom 27. März 1899, Kolonialblatt X S. 227, 
dazu Laband II S.272£. 
2) Die körperschaftliche Eigenschaft des Herrschers besteht nicht 
nach dem Rechte des beherrschten Staates, sondern nach dem Rechte 
des Gemeinwesens, aus dem die Körperschaft stammt; stets ist demnach 
auch hier die höhere Rechtsordnung vorhanden, welche von einer 
eigentumsähnlichen Herrschaft vorausgesetzt werden muß. Für Völker 
abendländischer Gesittung kann diese Form allerdings nur mehr als 
kurzes Übergangsstadium gedacht werden.
	        
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