Full text: Allgemeine Staatslehre

18 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
samtheit der Volksgenossen hervorgehen. Nichtsdestoweniger 
bleiben auch in ihr ausgeschlossen dıe Handlungsunfähigen und fast 
überall die Frauen. Außerdem finden in ihr stets noch spezielle 
Ausschließungsgründe statt, so daß auch in ihr faktisch immer nur 
eine Minderzahl der Volksgenossen rechtlich Willensbildner des 
Staates ıst. \Wo zudem, wie es ja die Regel ist, keine Pflicht 
zur Teilnahme an der Ausübung der höchsten Gewalt existiert, da 
sinkt diese Minderheit in Wirklichkeit noch mehr zusammen. 
indes sind es, mit Ausnahme des oft geforderten Vollbesitzes 
bürgerlicher Ehre, natürliche, nicht rechtliche Eigenschaften, die 
von der Teilnahme an der Staatsgewalt ausschließen, so daß 
jede Privilegierung durch bestiinmte soziale Qualitäten wegfällt. 
Aber auch so verstanden sind mannigfache Unterschiede in der 
Zusammensetzung des Volkes als höchsten Staatsorganes möglich. 
Durch Hinauf- oder Herabsetzung der Altersgrenze kann die Größe 
der herrschenden Volksgemeinde vermindert oder vermehrt werden; 
Ausdehnung der politischen Rechte auf die Frauen ist heute 
bereits vielfach gefordert und schon hier und da erreicht worden). 
Anderseits gibt es, wie schon erwähnt, Demokratien mit aristo- 
kratischen Residuen, wie z.B. Steuer- oder Bildungszensus?). 
Am eigentümlichsten in dieser Hinsicht sind die Vereinigten 
Staaten von Amerika, wo die Stimmberechtigung für Union und 
Einzelstaat von dem letzteren festgestellt wird und bei der Ver- 
schiedenheit der einzelstaatlichen Wahlgesetze in einigen Staaten 
das Wahlrecht hinter der Ausdehnung, die es ın den europäischen 
Demokratien gewonnen hat, zurückbleibt, ın anderen darüber 
hinausgeht?). 
1) So ın den amerikanischen Staaten Wyoming, Washington, Utah, 
Idaho und Kolorado. Bryce American Commonwealth II p.603ff.; 
Freund Öff.R.d. Ver. Staaten 1911 S.76 u.387. In Utah ist das 
Frauenstimmrecht durch Bundesgesetz wieder beseitigt worden: Bryce 
I p.604 N.1. Auf das australische, norwegische und finnländische 
Frauenstimmrecht — als nichtrepublikanischer Art — kann an dieser 
Stelle nur hingedeutet werden. Nähere Angaben ın der Besonderen 
Staatslehre S. 196. 
2) Wie nahe sich Politie und Oligarchie mit mäßiger Schätzung 
berühren, führt Aristoteles, Pol. IV, 1298a, 36ff., aus. 
3) Vgl die eingehende Darstellung dieser verwickelten, aber inter- 
essanten Verhältnisse bei Fisk, Stimmrecht und Einzelstaat in den Ver- 
einigten Staaten von Nordamerika (Jellinek-Meyer Abhandlungen 14). 
Dazu G.Jellıinek Schriften u. Reden II S. 384 ff.
	        
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