Full text: Allgemeine Staatslehre

20 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
hängt übrigens tief mit dem Mangel der Repräsentationsidee ım 
Altertum zusammen. Die antike Demokratie ist unmittelbare 
(absolute) Demokratie, d.Iı. die Bürgergemeinde übt die ihr 
zukommenden Funktionen selbst aus. Die Führung der stets 
zeitlich beschränkten Staatsämter ist gleich dem Heeresdienst 
Pflicht gegen den Staat, daher auch mit rechtlicher Verantwortlich- 
keit verknüpft. Als reines, nur durch ethische Rücksichten in 
Schranken gebanntes Recht erscheint nur die Teilnahme an der 
Bürgergemeinde, die in allen Dingen höchste, unverantwortliche 
Entscheidung hat. Diese Bürgergemeinde ist dem antiken Denken 
ebenso identisch mit dem Staate wie später der absolute Fürst 
den allgemeinen Vorstellungen von der absoluten, Monarchie. In 
ihrer typischen Ausgestaltung ist daher diese, am reinsten in 
Athen seit Perikles verwirklichtte Form der Demokratie 
das republikanische Widerspiel der absoluten Monarchie. Bei 
allem Gegensatz zwischen antikem und modernem Staate ist 
es das gleiche Grundproblem, das die politischen Untersuchungen 
alter und neuer Staatswissenschaft durchdringt, die Frage nach 
den mäßigenden, die Einhaltung der gesetzlichen Schranken 
durch den Herrscher vermittelnden Garantien der absoluten 
Gewalt. Doch ist bei aller Ähnlichkeit der im Wesen beider 
Staatsformen begründete Unterschied zwischen absoluter Demo- 
kratie und absoluter Monarchie leicht erkennbar. Die Re- 
publik bedarf, da ihr höchster Wille juristisch gebildet werden 
muß, stets einer äußeren verfassungsmäßigen Ordnung, auch ist 
in ihr stets eine verfassungsmäßige Verteilung der staatlichen 
Funktionen vorhanden, während in der absoluten Monarchie 
psychologischer und juristischer höchster Staatswillensakt zu- 
sammenfallen. Daher ist die Unbeschränktheit der Demokratie 
immer in geringerem Maße zu finden als die der Monarchie, wenn 
nicht revolutionäres Handeln zeitweilig sich über alle gesetzlichen 
Schranken hinwegsetzt. Ganz dasselbe gilt auch von der aristo- 
kratischen Republik. 
B. Die moderne Demokratiet). Eine demokratische 
Verfassung kennt die mittlere Zeit kraft der ständischen Gliederung 
der Gesellschaft nur ausnahmsweise. Sieht man von den rudi- 
mentären ältesten germanischen Verfassungen ab, die demokratisch 
  
1) Hatschek Allg. Staatsrecht II 1909: Das Recht der modernen 
Demokratie; Hasbach Die moderne Demokratie. Eine politische Be 
schreibung 1912 S. 135 ff.
	        
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