Full text: Allgemeine Staatslehre

Zwanzigstes Kapitel. Die Staatsformen. 129 
gebende Stellung kann dem Volke in den Ausnahmefällen zu- 
erkannt sein, in denen es tätig ist!). \Vo heute überhaupt Volks- 
abstimmungen stattfinden, sind sie bei Verfassungsänderungen 
obligatorisch, so in der schweizerischen Eidgenossenschaft und 
ihren Kantonen ?), ferner in fast allen Einzelstaaten der amerika- 
nischen Union (Verfassungsreferendum)?). 
Ferner kann das Volk auch bei der normalen Gesetzgebung 
tätig werden. Auch für diesen Fall sind verschiedene Modalitäten 
vorhanden. Es kann ein bereits beschlossenes Gesetz auf Antrag 
einer bestimmten Zahl von Bürgern dem Volke vorgelegt werden, 
wie bei,dem sog. fakultativen Referendum in der Schweiz 
  
hält (titre VIII, IX, Duguit-Monnier p.54ff.) eingehende Bestim. 
mungen über Volksinitiative und Referendum bei Gesetzen und Ver- 
fassungen, die jakobinische Verfassung führt das fakultative Referendum 
bei Gesetzen (Art. 59, 60), die Volksinitiative bei Revision der Verfassung 
(Art. 115) und die Volksabstimmung über die Verfassung ein, obwohl 
letzteres im Verfassungstext nicht ausgesprochen war. Am 9. August 1793 
fand das erste Verfassungsplebiszit statt. Die folgenden tatsächlich 
vorgenommenen Piebiszite bis zu dem letzten napoleonischen von 1870 
bezogen sich insgesamt auf Verfassungsfragen, vgl. Borgeaud Eta- 
hlissement et revision des const. p. 248 ff. 
t) In Süd-Carolina werden nach der Verfassung von 1868 Art. XV 
sect. 1 Zusätze zur Verfassung zuerst von der Legislatur beschlossen, 
sodann dem Volke vorgelegt, gelangen hierauf an die Legislatur zurück, 
die frei über deren Annahme und Verwerfung entscheidet. Dieses 
System ist in der Verfassung von 1895 Art. XVI sect.1 beibehalten. 
Oberholtzer The referendum p. 42, new ed. 1912 p.150f£. Über das 
konsultative Referendum de lege ferenda: Esmein Droit const. p.366£. 
2) In diesen sind wiederum verschiedene Modalitäten vorhanden. 
So verlangen die meisten. Kantone eine Vorabstimmung über die Ver- 
fassungsrevision und sodann nach deren Beschluß durch die gesetz- 
gebende Behörde eine definitive Nachabstimmung. Vgl. Dunant Die 
direkte Volksgesetzgebung in der Schweiz und ihren Kantonen. Heidel- 
berger Dissertation 1894 S. 42 ff. 
3) Vgl. oben S.519f. Gar keine Volksabstimmung bei Verfassungs- 
änderungen fand statt in Delaware. Seit 1897 wird die von Senat und 
Repräsentantenhaus beschlossene Verfassungsänderung vor den allge- 
meinen Neuwahlen öffentlich bekannt gemacht. Die endgültige Abstim- 
mung liegt bei den neugewählten gesetzgebenden Versammlungen. Aber 
das Volk kann wenigstens bei der Wahl seinen Willen äußern. Bei Total- 
revisionen hingegen entscheiden überall die Wähler über die Beschlüsse 
der Konventionen durch die Vorentscheidung des Volkes, indem die 
Frage, ob eine Totalrevision durch Konventionen stattfinden soll, dem 
Volke vorzulegen ist; vgl. Oberholtzer p.39f. u. new ed. p. 150, 
132, 134 ff.
	        
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