Full text: Allgemeine Staatslehre

Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. ‘41 
veränetätsbegriffes, die ihn mit dem Merkmal absoluter Schranken- 
losigkeit der Staatsgewalt identifiziert, ist mit der geschichtlichen 
Wirklichkeit der durch ein System der Verwaltungsverträge ge- 
bundenen Staaten unvereinbar. 
3. Im engeren Sinne aber sind Staatenverbindungen dauernde 
rechtliche Vereinigungen von Staaten politischer Natur. Von 
den durch Verwaltungsverträge und Vereinbarungen geschaffenen 
Verbindungen unterscheiden sich solche politische, d.h. auf den 
staatlichen Machtzweck basıerte durchaus. Denn jene ergreifen 
die Kontrahenten stets nur auf einem eng begrenzten Gebiete ihrer 
Wirksamkeit. Politische Verbindungen hingegen erfassen min- 
destens einen oder einen Teil der verbundenen Staaten infihrer 
ganzen Existenz, oder sie teilen einem Gliede des Verbandes Recht 
und Macht zu, das Leben des anderen zu leiten oder gar sich 
dienstbar zu machen. 
Auszuscheiden aus diesen politischen Verbindungen sind aber 
die Allianzen, obwohl sie die politische Funktion einer Staaten- 
verbindung gegebenenfalls in hohem Maße erfüllen können, 
weil sie nicht dauernde Verbindungen sind. Sie fallen daher 
noch unter die Staatenverbindungen im weiteren Sinne. Allianzen 
sind Bündnisse zu gemeinsamem Angriff, gemeinsamer Verteidigung 
oder als Schutz- und Trutzbündnisse zu beiden Zwecken. Obwohl 
in der Regel kriegerischer Art, können sie doch auch ausnahms- 
weise friedlichen Charakter tragen, wenn sie, wie der bewaffnete 
Neutralitätsbund, zum Schutze gegen: Übergriffe von seiten solcher 
Staaten stattfinden, mit denen die Verbündeten, ungeachtet des 
Krieges zwischen Dritten, in Frieden leben. Entscheidend für 
den Charakter einer Allıanz ist nicht der Zweck, sondern die in 
Aussicht genommenen Mittel. Der Dreibund verfolgt friedliche 
Zwecke, ist jedoch eine kriegerische (defensive) Allianz. Wie 
immer dıe Allıanz auch beschaffen sein mag, sie ist stets 
für konkrete Fälle und auf Zeit geschlossen, bindet aber not- 
wendigerweise die ganze Politik der kontrahierenden Staaten 
schon vor Eintritt des casus foederis. Erfolgt dieser, so steht bei 
der Unberechenbarkeit der sich daran knüpfenden Ereignisse die 
ganze Gestaltung der Zukunft eines jeden der verbündeten Staaten, 
unter Umständen sogar seine Existenz auf dem Spiele. Alle 
Allianzen sind aber stets leicht lösbar; bei ihrem Abschluß 
hauptsächlich kommt die Klausel ‚rebus sic stantibus“ still- 
schweigend in Anwendung, weil im Kampfe mit den höchsten
	        
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