Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. 143
und nichtorganisierten Verbindungen, je nachdem die Ver-
bindung der Staaten in besonderen staats- oder völkerrechtlichen
Organen zum Ausdruck kommt oder nicht. Ferner der Gegensatz
von völkerrechtlichen, auf Vertrag oder Vereinbarung, und
staatsrechtlichen, auf Herrschaftsverhältnissen beruhenden
Verbindungen. Die ersteren ruhen entweder auf grundsätzlicher
Gleichheit der verbundenen Staaten, die durch die Verbindung
keiner höheren Gewalt unterworfen werden, oder weisen vertrags-
mäßige Beschränkung des einen Staates zugunsten des anderen
derart auf, daß er, wenn auch nicht rechtlich, so doch politisch
abhängig wird, die letzteren unterwerfen hingegen der Souveränetät
ermangelnde Staaten der Hoheit eines über ihnen stehenden staat-
lichen Gebildes. Zum Verständnis der Staatenverbindungen im
engeren Sinne ist aber auch die Betrachtung politisch bedeutsamer
Scheinverbindungen notwendig. Deshalb und auch, weil
andere sachliche Erwägungen die strikte Durchführung der er-
wähnten obersten Einteilung untunlich erscheinen lassen, werden
die einzelnen Arten der Verbindungen in änderer Reihenfolge
dargestellt werden.
U. Die Arten der Staatenverbindungen (im engeren Sinne).
A. Scheinbare Staatenverbindungen. Um bedeut-
same Grenzfälle festzustellen, sind an dieser Stelle zu erwähnen,
jedoch von den Staatenverbindungen im juristischen Sinne aus-
zuschließen alle jene Fälle, in denen ein staatsähnliches Land in
dauerndem Verhältnisse zu einem Staate steht, oder wo ein Staat
aus staatsähnlichen Ländern zusammengesetzt ist, so nahe auch
solche Bildungen ihrer historisch -politischen Seite nach an die
echten Staatenverbindungen grenzen mögen!). Ein prägnantes
Beispiel hierfür bot in der heutigen Welt zuerst Kanada, das,
wenn seine lose Unterordnung unter die britische Herrschaft
hinwegfiele, nur verfassungsmäßige Bestimmungen über die
Bestellung des bisher von der englischen Krone ernannten General-
gouverneurs und der von diesem eingesetzten Provinzialgouver-
neure zu treffen brauchte, um sich sofort ın einen Bundesstaat
zu verwandeln. Sodann trägt nunmehr denselben Typus die Fö-
i) Über die eigentümliche Art des Verhältnisses der „self-governing
colonies‘ zum Mutterlande vgl. die Ausführungen von Hatschek
Engl. Staatsrecht S. 203ff. und Allg. StR. III S. 28 ff.