148 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
Waldeck ist daher nicht preußischer Oberhoheit unterstellt,
sondern steht zu Preußen in einem seine rechtliche Selbständig-
keit als deutschen Bundesstaates nicht berührenden und überdies
rechtlich lösbaren Vertragsverhältnis.
Den rechtlichen Charakter solcher Verbindungen schari zu
betonen und ihn von den durch sie begründeten politischen Be-
zichungen zu trennen, ist nicht etwa bloß von theoretischer
Bedeutung. Gerade bei derartigen Verbindungsformen kann
nämlich leicht die Rechtsfrage aufgeworfen werden, sei es,
daß es sich um einen völkerrechtlichen Schiedsspruch oder
um die Lösung einer praktischen verfassungsrechtlichen Frage,
ja selbst bloß um Konstatierung von Rechten des Individuums
handelt.
Alle derartigen Abhängigkeitsverhältnisse sind nicht organi-
siert, es gibt keine besonderen Organe der verbundenen Staaten,
in denen deren Verbindung zum Ausdrucke kommt, und die be-
stimmt sind. die Verbindungszwecke zu versehen.
2. Der Oberstaat mit Unterstaaten (Staaten-
staat)!). Hierunter wird eine staatsrechtliche Form der Staaten-
verbindungen verstanden. Ein souveräner Staat übt seine Herr-
schaft über ihm unterworfene Staaten aus, die sich innerhalb
der von dem oberherrlichen Staatswesen gezogenen Rechts-
schranken frei organisieren, nach innen weitgehende Selbständig-
keit besitzen, nach außen jedoch kraft ıhrer Abhängigkeit große
Einschränkungen erfahren und dem Öberstaate zur Heerfolge
oder doch zu ökonomischen Leistungen (Tribut) verpflichtet sind.
Innerhalb dieses Typus sind zahlreiche Spielarten vorhanden.
Der Tvpus selbst ist uralt und bereits im alten Orient zu finden,
wo er wie ehemals, so auch noch heute die Form abgibt für
die Bildung von Großstaaten. Auch die römische Bundesgenossen-
schaft, die ja ıhrem \Vesen nach Unterwerfung unter die Majestät
des römischen Volkes bedeutete, hat vor der Provinzialisierung
der bundesgenössischen Gebiete diesen Typus an sıch getragen.
Nicht minder weist die mittelalterliche Welt zahlreiche derartige
’ürstentums Waldeck, im Handbuch des öff. Rechts III 2:1 5.154, 160£.
Da Waldeck-Pyrmont nicht zu Preußen gehört, ist die preußische Polizei-
yewalt an sich nicht zuständig zum Schutz der Pyrmonter Heilquellen.
Vgl. Entsch. d. Kammergerichts v. 12.10. 1905 (Johows Jahrbuch Bd, 36
2 36ff.); dazu W.Jellinek Gesetz, Gesetzesanwendung 1913 S. 270.
1) Vgl. G. Jellinek Lehre von den Staatenverbindungen S. 137 ff.