Full text: Allgemeine Staatslehre

152 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
Berechtigungen auf eine Person konvergieren, löst sich jedoch 
sofort wieder, sobald die zufällige Konvergenz dadurch gelöst 
wird, daß die Thronfolgeordnungen wiederum verschiedene 
Personen zur Krone berufen. So hat das 19. Jahrhundert die 
Personalunion Großbritannien-Hannover 1837 und Niederlande- 
Luxemburg 1890 vermöge des Gegensatzes der kognatischen 
Thronfolge in den erstgenannten und der agnatischen in den 
zweiten Gliedern der Union sich lösen sehen, indem in dem 
britischen Reiche und den Niederlanden Frauen sukzedierten, die 
in Hannover und Luxemburg vom Throne ausgeschlossen waren. 
So wenig Interesse die Personalunion der rechtlichen Be- 
trachtung darbietet, so bedeutsam ist sie für die Politik... Gemein- 
same, ursprünglich zufällige Beherrschung war für viele, zuvörderst 
rechtlich ganz voneinander unabhängige Staaten der Anfang weiter- 
gehender Vereinigung oder sogar der völligen Verschmelzung. 
Kastilien-Aragonien, England-Schotiland, die deutschen und 
böhmischen Erblande Österreichs und diese hinwieder in ihren 
Beziehungen zu Ungarn bieten hervorragende Beispiele von der 
bedeutenden Rolle, welche die Personalunion ım modernen 
Staatenbildungsprozesse gespielt hat. Andere Unionen hingegen, 
die solchen Vereinigungen widerstrebten, haben einem von beiden 
Gliedern, manchmal auch beiden zum Nachteil gereicht — es 
braucht in dieser Hinsicht nur auf die hannoversche Politik der 
englischen George hingewiesen zu werden. Daher begegnen 
Personalunionen heute lebhaftem Mißtrauen, welches nament- 
lich darin zum Ausdruck kommt, daß eine große Anzahl, vor- 
nehmlich deutscher Verfassungsurkunden die Bildung von Personal- 
unionen zu erschweren oder gänzlich zu verhindern suchen!). 
vember 1908 ıhr Ende gefunden hat: Errera StR.d. Königreichs Belgien 
1909 S. 441; A. Oppenheimer Die staatsrechtl. Stellung des belgischen 
Kongogebietes (Z2.f.d.ges. Staatswissenschaft 65. Jahrg. 1909) S. 537 ff. 
Mit dem Verschwinden der Wahlmonarchie kann die Wahl nur ausnahms- 
weise, bei Einsetzung einer neuen Dynastie, Entstehungsgrund einer 
Personalunion werden. Einen ganz neuen Typus der Personalunion böte 
die von Reichswegen erfolgende Verbindung des zum monarchischen 
Staate erhobenen Reichslandes Elsaß-Lothringen mit der preußischen 
Krone dar, die ebenfalls nicht auf Vereinbarung beider Staaten beruhen 
könnte. 
1) Vgl. z.B. Bayern, Verf. Tit.II 86; Baden, Hausgeseiz vom 
4. Oktober 1817 $3 Nr. 4; Oldenburg, Verf. Art. 15; Coburg-Gotha, Verf. 
$S 9,19. Zustimmung der Kammern erfordern Preußen, Verf. Art.55;
	        
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