Full text: Allgemeine Staatslehre

Zweiundzwanzigstes Kapitel. Die Garantien des öffentlichen Rechtes. 789 
Garantien des Völkerrechtes eingehender zu verfolgen, würde 
die Aufgabe einer allgemeinen Staatsrechtslehre übersteigen. 
I. Über soziale Garantien des öffentlichen Rechtes ge- 
nügen wenige Worte, da auf früher Angeführtes hingewiesen 
werden kann. Die großen gesellschaftlichen Mächte: die Religion, 
Sitte, soziale Sittlichkeit, kurz: die Gesamtheit der Kulturmächte 
und die durch sie geschaffenen Interessen und Gliederungen wirken 
ununterbrochen an dem Auf- und Fortbau des Rechtes und ge- 
währen die stärkste, durch andere Mächte nur vervollkommnete 
Bürgschaft seiner Geltung. Sie bilden die mächtigste tatsächliche 
Einschränkung aller in abstrakt juristischen Vorstellungen lebender 
Willkür und bestimmen mit einer die Wirksamkeit bewußten 
Willens übersteigenden Kraft das reale Leben staatlicher In- 
stitutionen und die Geschichte der Staaten. Sie wirken aber 
vermöge ıhrer Natur auch bestehendem Rechte entgegen, können 
ebensowohl rechtszerstörend als rechtserhaltend auftreten. Sie 
wirken ferner in der Regel im großen, nicht oder doch häufig 
nicht im einzelnen Rechtsfalle. Darum sind soziale Garantien 
zwar für sich allein imstande, einem Rechte die Geltung zu ge- 
währen, doch ist solches Recht nur unvollkommen verbürgt, daher 
selbst ein unvollkommenes Recht. 
Solche soziale Garantien haben aber niemals irgendeiner 
dauernden Ordnung staatlicher Verhältnisse gemangelt. An ihnen 
hat selbst die Willkür der sich von jedem menschlichen Gesetz 
losgelöst dünkenden Machthaber eine Grenze gefunden oder durch 
sie ein Ende genommen. 
U. Politische Garantien liegen in den realen Macht- 
verhältnissen der organisierten staatlichen Faktoren: der Staaten 
selbst in völkerrechtlichen, der Staatsorgane in staatsrechtlichen 
Verhältnissen. Die bedeutsamste politische Garantie der staatlichen 
Ordnung liegt in der Art der Machtverteilung, die in der Or- 
ganısation des Staates zum Ausdruck kommt. 
Solche Machtverteilung kann zum Zwecke der Gewähr des 
öffentlichen Rechtes beabsichtigt sein, sich aber auch durch ihr 
bloßes Dasein in dieser Weise bewähren. Die Notwendigkeit, 
einen großen Teil der Geschäfte durch Beamte besorgen zu 
lassen, hat auch in absoluten Staaten eine Einschränkung der 
realen Fürstenmacht bedeutet, die allerdings ebensosehr eine 
Gewähr des Rechtes wie deren Gegenteil im Gefolge haben
	        
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