Full text: Allgemeine Staatslehre

Zweites Kapitel. Die Methodik der Staatslehre. 51 
gehört auch das Recht in seiner Eigenschaft als soziale Funktion 
an. Geschichte und Sozialwissenschaft sowie Politik sind auch 
dem Rechte, seiner Entstehung, seiner Entwicklung, den in ihm 
wirkenden wirtschaftlichen, ethischen, nationalen Ideen, seiner 
Wirkung auf das gesamte Volksleben zugewendet. Allein der 
dogmatische Gehalt der Rechtisnormen kann nur durch die aus- 
schließlich vom Juristen geübte Kunst der Abstraktion aus den 
rechtlichen Erscheinungen und der Deduktion aus den also ge- 
fundenen Normen geübt werden. Diese Rechtsdogmatik ist durch 
andersgeartete Wissenschaft nicht zu ersetzen. Daß einseitige 
Dogmatik aber, die sich anmaßte, das Ganze zu erfassen, dieses 
Ziel verfehlte, daß sie der Ergänzung durch die anderen dem 
Staate zugewandten Disziplinen zu gedeihlicher Forschung be- 
nötigt, bedarf nach dem Vorangehenden keiner näheren Aus- 
führung mehr. 
Alle Untersuchungen über empirische, biologische, natur- 
wissenschaftliche, soziologische Behandlungsweise des Staats- 
rechtes betreffen in Wahrheit die soziale Staatslehre. Für das 
Staatsrecht gilt aber nur die juristische Methode. Die muß sich 
jedoch den Eigentümlichkeiten des öffentlichen Rechtes anpassen. 
Juristisch ist nicht gleichbedeutend mit privatrechtlich. Un- 
kritische Übertragung privatrechtlicher Begriffe ins öffentliche 
Recht ist gewiß ein methodischer Fehler, obwohl es zweifellos 
allgemeine Rechtsformen gibt, die allen Rechtsgebieten gemeinsam 
sind. Nichtsdestoweniger ist es unrichtig, von privatrechtlicher 
oder staatsrechtlicher Methode zu sprechen, so wenig es inner- 
halb der Naturwissenschaft eine ganz selbständige mechanische 
und chemische Methode gibt. Vielmehr hat die einheitliche 
juristische Methode sich — wie jede Methode — den Verschieden- 
heiten des zu bewältigenden Materials anzupassen. Öffentliche 
Rechte und Rechtsverhältnisse sind anders geartet als private. 
Diesen Gegensatz des Stoffes nicht zu verwischen, sondern zu 
beachten, ıst ein Gebot geklärter juristischer Forschung. Wenn 
es nicht immer befolgt wird, so beweist das nichts gegen die 
Einheit der Methode, sondern nur gegen ihre durchgängig richtige 
Anwendung. 
Die Grenzen der juristischen Untersuchung in der Staats- 
lehre ergeben sich durch deren Zweck. Dieser ist aber in der 
gesamten Jurisprudenz gerichtet auf Gewinnung praktischer Mög- 
lichkeit, das tatsächliche Leben rechtlich zu beurteilen. Alle 
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