62 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen.
wissenschaften im Gegensatz zur praktischen bezeichnet!). Als
selbständige staatswissenschaftliche Disziplin wird sie sodann in
der zweiten Hälfte des Jahrhunderts von R. v. Mohl gelehrt?)
und unter seinem Einfluß von anderen abgehandelt). Doch fehlt
überall ein festes, durchgreifendes, anerkanntes Merkmal, das die
Staatslehre vom Staatsrecht und der Polıtik scheidet, wie denn
Staatsauffassung gepflegt worden, so von C.Frantz, Vorschule zu
einer Physiologie der Staaten 1857, und Naturlehre des Staates 1870,
sowie von den biologischen Soziologen, wie Spencer und Schäffle.
1) v.Rotteck, Lehrbuch des Vernunftrechts und der Staatswissen-
schaften II 1830, scheidet theoretische Staatslehre oder Metapolitik von
der praktischen Staatsiehre als der Politik im engeren oder eigentlichen
Sinne und zerfällt die erstere in Staatsmetaphysik, Staatsphysik und
allgemeines Staatsrecht.
2) Zuerst a.2a.0.1 S.126, sodann Enzyklopädie der Staatswissen-
schaften 2. Aufl. 1872 S.71—157. Der Staaislehre stehen als dog-
matische Staatswissenschaften öffentliches Recht, Staats-Sittenlehre und
Staatskunst (Politik) zur Seite.
3) Bluntschli, Lehre vom modernen Staat 1875—76, hat sein
allgemeines Staatsrecht, von den früheren vier Auflagen abweichend,
in drei Bände verwandelt: I. Allgemeine Staatslehre. Il. Allgemeines
Staatsrecht. I1l. Politik. Für eine gesonderte Disziplin erklären ferner
die Staatslehre Rößler, System der Staatslehre 1857; H.Bischof, All-
gemeine Staatslehre 1860; Escher, Handbuch der praktischen Politik
1863 I S.8: v.Holtzendorff a.a.0. S.4; G.Mever, S.44. Andere
hingegen, wie H.Schulze, Einleitung in das deutsche Staatsrecht, neue
Ausgabe 1867, und J.v. Held, Grundzüge des allgemeinen Staatsrechts
1868, scheiden die allgemeine Staatslehre überhaupt nicht vom allge-
meinen Staatsrecht, und eine dritte Gruppe, zu der M.Seydel, Grund-
züge der allgemeinen Staatslehre 1873, Lingg, Empirische Ünter-
suchungen zur allgemeinen Staatslehre 1890, und Bornhak, All-
gemeine Staatslehre 1896, 2. Aufl. 1909, zählen, wählt diesen Ausdruck
für die allgemeine Staatsrechtslehre oder fixiert doch nicht das Ver-
hältnis von Staatslehre zu Staatsrecht; J.Schvarcz, Elemente der
Politik. Versuch einer Staatslehre auf Grundlage der vergleichenden
Staatswisenschaft und Kulturgeschichte 1895, vermengt schon im Titel
seines \Verkes alle Bezeichnungen, was auch der Unklarheit des Inhaltes
entspricht (vgl. z.B. S. 42 die 24 Zeilen lange Staatsdefinition). Die Zu-
gehörigkeit des Staatsrechts zur Staatslehre betont Gareis, Allgemeines
Staatsrecht in Marquardsens Handbuch des öffentlichen Rechts I1 S. 17 ff.
Als umfassendere, das allgemeine Staatsrecht in sich schließende Disziplin
wird die allgemeine Staatslehre neuestens in dem gleichnamigen, auf
solidem Grunde und reicher Gelehrsamkeit aufgebauten, übrigens auch
weitgehende politische Exkurse enthaltenden Werke von Rehm ab-
gehandelt.